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■ Bonn apartGrüne Schlingpflanzen

Es ist noch keine 20 Jahre her, da scheute der Manager im Armani-Anzug die Grünen wie der Teufel das Weihwasser. Wer hätte damals nur im Traum daran gedacht, daß die holde Angetraute ihr Kreuzchen einmal bei den Grünen machen wird. Schweißgebadet wäre der Manager unter seiner seidenen Bettwäsche aufgeschreckt. Und selbst wenn, die Liebste lag nicht im Jutehemd neben ihm, sondern immer noch im zarten Negligé. Das beruhigte.

Doch mit der Ruhe ist es nun vorbei. Wie sehr die grüne Schlingpflanze sich schon in die Bürgerlichkeit gedrängt hat, sieht man an Helmut Kohl. Hat doch das Schwergewicht mit Greenpeace im Fall der Bohrinsel „Brent Spar“ sympathisiert.

Jetzt zeigt auch eine Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach: Was dem Kanzler recht ist, ist der Elite billig: Immerhin zwei Drittel der 600 befragten Führungskräfte wagten den Schritt zum persönlichen Kontakt mit den Grünen, auf privater wie auch auf beruflicher Ebene. Natürlich waren die Erfahrungen bei diesen Begegnungen nicht immer positiv. Aber zarte Bande scheinen sich dennoch zu entwicklen: Beim Bundesverband der Deutschen Industrie waren die „Öko- Spontis“ neulich zum Abendessen geladen. Daimler-Benz- Chef Jürgen Schrempp traf sich mit Joschka Fischer, und Wolfgang Metzger bekommt Besuch von Franz Schoser, dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages. Die von den Grünen geforderte Ökosteuer befürwortete der Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz AG, Helmut Werner, jüngst in einer Umfrage der Woche.

Laut Allensbach-Institut gestehen immerhin 50 Prozent der Elite den Grünen ökologische Kompetenz zu. Ökonomischen Sachverstand bescheinigen den Grünen aber nur 26 Prozent der Spitzen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Folglich werden sie trotz der Fachsimpelei mit Joschka Fischer über teure Weine und der Vorliebe der Gattin 1998 wieder den – wenn auch leicht angegrünten – Kohl wählen. – Sagt jedenfalls das Allensbach-Institut. Anka Graefe zu Baringdorf

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