Mickymaus vergrößert ihr Imperium

Disney kauft Capital Cities / ABC und schreckt damit die Konkurrenz auf  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Die Kirche für diese Elefantenhochzeit muß zwar erst noch gebaut werden, doch ansonsten steht der zweitgrößten Fusion in der Geschichte amerikanischer Unternehmen offenbar nichts mehr im Wege. Zur Überraschung von Wall Street, Medienexperten und der Konkurrenz gaben die Walt Disney Company und der Medienkonzern Capital Cities/ABC ihre Fusion bekannt. Für 19 Milliarden Dollar soll letztere in das Mickymaus-Reich eingemeindet werden.

Der Fusion müssen nun noch die Aktienbesitzer beider Konzerne, die für die staatliche Regulierung des Fernsehmarktes zuständige „Federal Communications Commission“ (FCC) sowie das Justizministerium abgesegnen, das die Einhaltung der Anti-Kartellgesetze überwacht. Mit Einwänden rechnet allerdings niemand.

Damit ist die Walt Disney Company auf dem besten Wege, zum größten Unterhaltungskonzern der Welt zu werden. Entsprechend präsentierte sich Disney-Chef Michael Eisner bei der Pressekonferenz am Montag in Erobererstimmung und malte sich und den versammelten Journalisten den globalen Eroberungszug der Maus aus. Zielgruppe im Ausland ist die wachsende Mittelschicht in Ländern wie China und Indien.

Allen Vorhersagen zum Trotz sind die alteingesessenen Fernsehnetze der Vereinigten Staaten – ABC, CBS und NBC – keine Anachronismen in der neuen Medienwelt, sondern wichtige Verteilersysteme für die Produkte von Unterhaltungskonzernen. Mit zehn TV- Stationen, 21 Radiostationen, kontrollierenden Besitzanteilen unter anderem an den Kabel-Sportprogrammen ESPN und ESPN 2 sowie Anteilen an Produktions- und Fernsehgesellschaften in Deutschland, Frankreich, Japan und Skandinavien ist Capital Cities/ABC der Spitzenreiter unter den dreien und war deshalb das begehrte Objekt des Maus-Imperiums. In Deutschland ist Capital Cities indirekt an RTL 2 beteiligt, während Disney gerade aus Super-RTL seinen eigenen deutschen Disney-Kanal bilden will.

Zum Mäuse- und Enten-Imperium wiederum gehören neben den bekannten „Disney-Parks“ in den USA, Japan und Frankreich Produktionsgesellschaften, Filmstudios und Kabelprogramme – darunter „Walt Disney Pictures“, „Touchstone Pictures“, „Hollywood Pictures“ und „Buena Vista Home Video“. Daneben ist der Disney-Konzern Liaisons mit drei der größten Telefongesellschaften in den USA eingegangen, um in den Markt interaktiver Dienstleistungen einzusteigen.

Die Fusion verschafft Disney nun ein gigantisches Imperium mit allen wesentlichen Komponenten für die Belieferung der Kommuniktations- und Unterhaltungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts: Hollywood-Studios, Produktionsfirmen, eines der drei großen „TV- networks“, Kabelprogramme sowie Beteiligung an Telefongesellschaften, die für den Ausbau der „Information Super Highway“ von zentraler Bedeutung sind.

Bedenklich findet das bislang nur die Konkurrenz – allen voran Rupert Murdoch, dessen Aufbau eines globalen Medienimperiums von Disney nun deutlich übertrumpft worden ist – und Verbraucherorganisationen. Von Stimmen- oder Angebotsvielfalt könne keine Rede mehr sein, findet Brad Sillman von der „Consumer Federation of America“, wenn Konzerne sowohl den Telefonmarkt, als auch Senderketten und Kabelprogramme kontrollierten.

Freie Bahn für Fusionen und Kartelle will derzeit der von Republikanern kontrollierte Kongreß mit einer Reform der Mediengesetze geben. Demnach soll der maximale Prozentsatz der TV-Bevölkerung in den USA, der von einer Gesellschaft beschallt und bestrahlt werden darf, von bislang 25 auf 50 Prozent erhöht werden. US- Präsident Bill Clinton will allerdings sein Veto einlegen, da die Gesetzesvorlage es „immer weniger Leuten ermöglicht, immer mehr Fernseh- und Radioprogramme sowie Zeitungen zu kontrollieren“. Der Mediendeal zwischen Disney und Capital Cities/ ABC dürfte nun die Konkurrenz aufschrecken und die Kaufangebote an die anderen beiden Senderketten CBS und NBC hochtreiben. Es wird erwartet, daß der Atom- und Elektronikkonzern Westinghouse die CBS für die vergleichsweise bescheidene Summe von fünf Milliarden Dollar kaufen will.

Medienexperten halten diesen Deal für weitaus weniger attraktiv: Erstens verschafft ein Energiekonzern keinen Zutritt zu Hollywood- Studios, zweitens hat es CBS im Gegensatz zu ABC versäumt, in den letzten Jahren in Kabelprogramme zu investieren.

Die Braut, die nun im Mittelpunkt des Werbens von Unterhaltungskonzernen wie Sony, Time Warner, Viacom (MTV, Paramount) und Turner (CNN, Castle Rock Entertainment) steht, ist die dritte im Bunde der alten US-amerikanischen Fernsehgesellschaften: Es ist die NBC, die sich derzeit noch im Besitz von General Electric befindet.