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Nölle enttäuscht sein Klientel in Horn-Lehe

■ Linie 4: Kaufleute gegen die CDU

„Eine falsche Entscheidung wird nicht dadurch zur richtigen, daß sie von anderen Koalitionären getroffen wird“, schreibt der Präses der Handelskammer, Josef Hattig (CDU), seiner Partei ins Stammbuch. Falsch nach Auffassung der Kammer ist der Bau der Straßenbahnlinie 4 durch die Schwachhauser und Leher Heerstraße: Erstens würden damit nur die bestehende Buslinien ersetzt und zweitens verdränge die Bahn-Trasse den PKW-Verkehr von zweien auf jeweils eine Fahrspur. Eine Verschlechterung der Verkehrs-Anbindung also, unter dem Strich, und programmierter Dauer-Stau. Was die Leher Anlieger zudem ärgert: Nach den bisherigen Planungen sollen die 30er Buslinien aus Lilienthal/Borgfeld/Oberneuland am Leher Kreisel enden, wer in die City will, muß da umsteigen. Drehen können die Busse aber erst bei Lestra, weil der Leher Kreisel für die Straßenbahn-Schleife gebraucht wird. Zwischen Leher Kreisel und dem Lestra-Parkplatz sollen also zusätzlich zu den Straßenbahnen (im 5-Minuten-Takt) 500 leere Busse pro Tag verkehren, nur um bei Lestra zu drehen. Anwohner Manfred Bockers drastisch: „Schwachsinn ist das.“ Schneller als bisher in die City komme man auch nicht, wenn man umsteigen muß. „Das darf doch wohl nicht wahr sein“, schimpft auch der Lebensmittel-Händler Johann Hasch, einer der Kaufleute der Horn-Leher Initiative. Die Kaufleute befürchten natürlich zusätzlich, daß während der Bauphase der Zugang zu ihren Geschäften monatelang stark beeinträchtigt ist.

Die Kaufleute-Initiative hat sich inzwischen mehrmals mit dem neuen Bausenator Dr. Bernd Schulte gesprochen, ohne sich aber „dabei näherzukommen“, sagt Kaufmann Hasch: „Es bleibt bei der Hochpflasterung.“ Nur daß die Zufahrt für die Kaufleute während der Bauarbeiten „möglichst wenig“ gestört werden soll, sagte Schulte zu.

Anwohner Manfred Böcker schrieb Anfang Juli einen Brief an den CDU-Bürgermeister Nölle, der im Wahlkampf um die Stimmen der Horner mit der Begründung geworben hatte, er werde die Linie 4 verhindern. Anders als die Hemelinger Initiative, die bis heute überhaupt keine Antwort auf ihre Erinnerung an das Nölle-Wahlversprechen bekam (vgl. taz 19.7.), bekam Boeckers seinen Brief „U. zurück“, also „urschriftlich“, versehen mit handschriftlichen Anmerkungen, die wir faksimile dokumentieren.

„Vielleicht geht's das nächste Mal anders“, schreibt Bürgermeister Nölle indigniert seinem enttäuschten Wähler. K.W.

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