: Aufruf zu einer neuen Intifada
■ Die Palästinensische Volkspartei übt eine grundsätzliche Kritik am Verhandlungsprozeß mit Israel und befürwortet einen Abbruch der Gespräche
Tel Aviv (taz) – Für ein Ende der israelisch-palästinensischen Verhandlungen durch einen zweiten Aufstand hat sich jetzt die Palästinensische Volkspartei (PPP) ausgesprochen. In einer Analyse der israelisch-palästinensischen Beziehungen seit Beginn des Friedensprozesses vor vier Jahren hebt die PPP hervor, daß eine Lösung nur durch einen kompromißlosen israelischen Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten, die Errichtung eines palästinensischen Staates in der Westbank und dem Gaza-Streifen sowie die Anerkennung des Rechts auf Rückkehr für die palästinensischen Flüchtlinge erreicht werden könne. Der palästinensischen Regierungsbehörde wirft die PPP vor, sie habe „ihr politisches Gesicht verloren“ und beschäftige sich „nur noch mit Nebensächlichkeiten“.
Die PPP ist eine kleine palästinensische Partei, die in der Exekutive der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO vertreten ist und vor allem unter Intellektuellen Respekt genießt. Sie hat sich von Anfang an für eine Lösung der palästinensischen Frage auf dem Verhandlungsweg eingesetzt und seit Beginn des Friedensprozesses als eine Art loyaler Opposition zur PLO-Führung agiert. Daher ist die jetzt veröffentlichte Erklärung bemerkenswert, zumal darin eine Position vertreten wird, die in Teilen der palästinensischen Gesellschaft durchaus populär ist. In ihrem Text weist die PPP darauf hin, daß die palästinensische Regierungsbehörde in ihren Verhandlungen mit Israel inzwischen die Grundlage des Friedensprozesses verlassen und von der Verwirklichung der UNO-Resolutionen 242 und 338 Abstand genommen habe. Diese Resolutionen sehen einen vollständigen Abzug der israelischen Armee aus der Westbank und dem Gaza-Streifen vor. Statt dessen, so die PPP, unterwerfe sich die palästinensische Seite in den Verhandlungen den Erfordernissen der Sicherheit Israels und seiner Siedlungspolitik. Im einzelnen kritisiert die PPP, daß im Zuge des anvisierten israelischen Teilrückzugs aus etwa 18 Prozent des Territoriums der Westbank gleichzeitig weitere große palästinensische Landflächen für den Bau eines Straßennetzes zum Schutz der israelischen Siedlungen und deren Erweiterung beschlagnahmt werden. Damit, so die PPP, werde die Westbank in einige von einander isolierte Kantone aufgeteilt. Israel behalte sich die militärische Überwachung der ländlichen Gebiete mit 418 Dörfern und das interurbane Straßennetz vor, so daß die größeren Städte von ihrem Hinterland isoliert würden.
„Deshalb sieht die PPP die dringende Notwendigkeit für eine zweite Intifada, die diesen Verhandlungen ein Ende bereitet, und den Kampf für die Verwirklichung der nationalen Ziele fortsetzen soll“, heißt es am Ende der PPP- Erklärung. Amos Wollin
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