Spätes Aufräumen im Zwischenlager

■ In Gorleben enthalten Strahlenmüll-Fässer nicht unbedingt das, was drin sein sollte. Mitunter ist etwa statt alter Schutzanzüge und Putzlappen Kernbrennstoff drin.

Hannover (taz) – Im Gorlebener Zwischenlager für radioaktiven Müll wird seit Jahren gegen die Einlagerungsgenehmigung verstoßen. Mindestens dreizehn von 1.300 Fässern, in denen sich eigentlich nur technische Betriebsabfälle wie Putzlappen oder ausgediente Schutzanzüge finden sollten, enthalten auch Kernbrennstoff. Das hat die Untersuchung von 250 Gorleben-Fässern in der Kernforschungsanlage Jülich ergeben.

Die 13 einst im belgischen Mol gefüllten Fässer müssen nun aus Gorleben zum ursprünglichen Abfallerzeuger, dem AKW Neckarwestheim, zurücktransportiert werden. Das Umweltministerium in Hannover vermutet, daß sich unter den übrigen 1.050 Fässern noch weitere 50 befinden, die ebenfalls mehr als die erlaubten drei Gramm Kernbrennstoff je 100 Kilo enthalten. Mit einem Abschluß der Aufräumaktion sei im Jahre 1997 zu rechnen, teilte das Umweltministerium jetzt mit.

Der Kernbrennstoff in den 13 bereits identifizierten Fässern geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Vermischung verschiedener Abfallarten im belgischen Kernforschungszentrum Mol zurück. Dort wurden die Betriebsabfälle aus den AKW zwecks Volumenreduktion verbrannt, bevor sie für die Lagerung konditioniert wurden. In den gleichen Verbrennungsöfen seien allerdings auch Abfälle aus der Brennelementefertigung behandelt worden, erläuterte die Sprecherin des Umweltministeriums. Dadurch sei es zu einer Vermischung der Betriebsabfälle mit Thorium, Uran oder Plutonium gekommen.

Daß in Gorleben 302 der Fässer aus Mol lagern, ist seit der Transnuklear-Affäre Ende der achtziger Jahre bekannt. Damals hatte die Hanauer Gesellschaft angeblich schwach- und mittelradioaktive Abfälle zur Konditionierung nach Mol transportiert. Als die Fässer zurückkamen, befand sich plötzlich Strahlenmaterial darin, für das Transnuklear keine Genehmigung eingeholt hatte; nicht mal in den Transportpapieren war die gefährliche Last vermerkt. Aufgrund der mangelhaften Dokumentation konnte die Betreibergesellschaft des Zwischenlagers die Fässer nicht mehr eindeutig identifizieren. Die deswegen notwendige Untersuchung aller 1.300 Fässer wird mindestens vier Millionen Mark kosten. Jürgen Voges