: Krajina-Verhandlungen ergebnislos abgebrochen
■ Der Versuch, einen neuen Krieg zu verhindern, ist offenbar gescheitert. In Sarajevo sollen bosnische Soldaten auf die eigene Bevölkerung geschossen haben.
Genf (taz) – Offenbar ohne Ergebnis sind die Genfer Verhandlungen zwischen Vertretern Kroatiens und der Krajina-Serben gestern nach sieben Stunden abgebrochen worden. Wie das kroatische Delegationsmitglied Ivic Pasalic mitteilte, hat sich die serbische Seite weiterhin geweigert, einer friedlichen Wiedereingliederung der einseitig ausgerufenen Krajina-Republik in den kroatischen Staat zuzustimmen. Eine andere Lösung komme für Zagreb aber nicht in Betracht. Der einzige zu verzeichnende Fortschritt liege darin, daß die Gespräche überhaupt stattgefunden hätten. Zuvor hatte der UN-Vermittler Thorvald Stoltenberg erklärt, er habe die Hoffnung, daß ein neuer Krieg auf dem Balkan abgewendet werden könne. Die kroatische Regierung unter Franjo Tudjman wie die Krajina-Serben hatten nur eine zweitrangige Delegationen nach Genf geschickt und damit deutlich ihr mangelndes Verhandlungsinteresse dokumentiert.
Zum Auftakt hatte Stoltenberg erklärt, die gestrigen Gespräche dienten lediglich der Vorbereitung „substantieller“ Verhandlungen. Die Regierung Tudjman versteht darunter Verhandlungen über die Wiederherstellung der vollen Autorität Zagrebs über die Krajina. Die Serben lehnen dieses Thema als Verhandlungsgegenstand ab. Der von den Krajina-Serben als „Vorleistung“ behauptete Abzug ihrer Milizen aus dem Kampfgebiet um Bihać wird nicht nur von den Regierungen Kroatiens und Bosniens, sondern auch von der Unprofor bestritten.
Am Mittwoch hatte die International Herald Tribune über äußerst vage gehaltene Aussagen von sechs französischen Blauhelmsoldaten berichtet, wonach Soldaten der bosnischen Regierungsarmee in Sarajevo in Heckenschützenmanier gezielt auf Zivilisten geschossen hätten. Die Soldaten wollen mehrfach einen Heckenschützen beobachtet haben, der von einem Regierungsgebäude aus auf Zivilisten gezielt habe. Nach Beschwerden der Franzosen bei der Regierungsarmee und der Drohung, den Heckenschützen zu erschießen, sei dieser seit Mitte Juni nicht mehr aufgetaucht. Sprecher der Regierungsarmee wie des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović hatten die Aussagen der sechs französischen Soldaten entschieden zurückgewiesen und als Versuch bewertet, „beide Konfliktparteien als gleichermaßen schuldig hinzustellen“. Ungewöhnlich ist, daß die sechs Blauhelmsoldaten ihre Beobachtungen nicht an die UN- Hauptquartiere in Sarajevo und Zagreb weitergegeben haben. Daher existiert über die angeblichen Vorfälle bis heute auch kein offizieller Bericht. Andreas Zumach
Seiten 8 und 10
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