Das Portrait
: Harakiri-Unternehmer

■ Detlev Krause

Detlev Krause ruft zum Boykott Frankreichs auf. Das tun zwar ziemlich viele. Doch der 39jährige ist weder Schauspieler, der sich von Roquefort-Käse distanziert, noch Fußballer, der öffentlich dem Champagner abschwört. Braungebrannt und gutgelaunt sitzt der Reiseveranstalter für Berg- und Wintersport in seinem Büro in Köln- Rodenkirchen und organisiert den eigenen Umsatzeinbruch: über die Hälfte von Krauses Kunden reisen nach Frankreich.

„Das war doch schon beim Streik an der Hochschule so“, sagt der sehnige Sport- und Sozialwissenschaftler: „Wenn du was machst, dann riskierst du auch irgendwas. Und wenn alle in Urlaub fahren, statt zu streiken, erreichst du auch nichts. So einfach ist das.“ Und deswegen hat Krause auch nichts für den Spiegel übrig: „So ein pappnasiger Augstein, der richtet doch gar nichts aus.“ Letzte Woche hatte der Hamburger Herausgeber verkündet, falls Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac die Proteste gegen die geplanten Atomtests erhöre, ließe er sich gern eine goldene Pappnase aufsetzen, für die gröbste journalistische Fehleinschätzung. „In dubio Prosecco“, veralberte letzte Woche in der Kulturbeilage Hellmuth Karasek den Verbraucherboykott.

Ob Prosecco-Trinker oder nicht, 25 von 150 Veranstaltern sandten bislang die Boykottdrohung unterzeichnet zurück, die Krause seit Wochen an die KollegInnen und KonkurrentInnen in der Republik faxt: „Als Reiseveranstalter“, so der Aufruf, „sind wir in die Pflicht genommen, Boykottiert Frankreich und die eigene KasseFoto: Privat

Farbe zu bekennen und mit Boykott des Reiselandes Frankreich zu drohen, falls die Entscheidung über die Atomtests nicht umgehend revidiert wird.“ Insgesamt, hat der Geschäftsmann ausgerechnet, macht das immerhin rund acht Prozent des hiesigen Touristikmarktes aus: 100.000 UrlauberInnen mithin.

Tausende von Skiliften stehen still, wenn Krauses starker Arm es will – für ihn noch zu wenig: „Wenn der Druck nicht massiv kommt, wird doch nur mit der Achsel gezuckt.“ Erhält er dann die goldene Pappnase für den edelsten unternehmerischen Harakiri? Krause nippt an seinem Apfelsaft: „Ich unterrichte nebenbei, um eben nie von irgend etwas abhängig zu sein, seit einem Jahr zwölf Stunden pro Woche an einer Berufsschule.“ Dann lächelt er: „Irgendwann kann ja auch die Erderwärmung so groß sein, daß es selbst keinen Schnee mehr gibt. Davon will ich nicht bedroht sein.“ Bernd Neubacher