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Kroatischer Durchmarsch in der Krajina

■ Regierung in Zagreb will „größere militärische Operationen“ gegen Serben heute mittag beenden

Genf (taz) – In knapp drei Tagen haben die kroatischen Streitkräfte mit ihrer bisher größten Offensive die abtrünnigen Serbengebiete der Krajina unter ihre Kontrolle gebracht. Eine weitere Niederlage erlitten die Serben um die Enklave Bihać. Drei Jahre nach Beginn der Belagerung wurde der Ring um die Stadt gesprengt. Nach der schnellen Eroberung der Krajina-Hauptstadt Knin und weiterer strategisch wichtiger Städte will Kroatien die „größeren militärischen Operationen“ bis heute mittag beenden. Das erklärte Außenminister Mate Granić gestern in Genf gegenüber den Vermittlern von UNO und EU, Thorvald Stoltenberg und Carl Bildt, sowie dem Ratspräsidenten der EU, Spaniens Außenminister Javier Solana.

Danach sollen die Blauhelme der UNO-Truppe UNCRO sowie das UNO- Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang zu allen Teilen der Krajina erhalten. Nach groben Schätzungen des Zagreber Hauptquartiers der UNO-Truppen flohen bis gestern nachmittag 35.000 Menschen in Richtung Nordbosnien sowie weitere 10.000 auf den UNO-Stützpunkt Topusko, 80 Kilometer südlich von Zagreb. Das wären über 25 Prozent der rund 160.000 Menschen, die seit der Vertreibung von knapp 400.000 Kroaten im serbisch-kroatischen Krieg des Jahres 1991 noch in der Krajina lebten. Ein Versuch, das von Serben besetzte Ostslawonien militärisch zurückzuerobern, steht offenbar nicht bevor.

Mit den gestrigen Genfer Gesprächen bestens vertraute Diplomaten wiesen gegenüber der taz darauf hin, daß die Erklärungen des kroatischen Außenministers nicht notwendig als verbindliche Zusagen zu werten seien. Granić „entschuldigte“ sich im Namen seiner Regierung für den Tod von vier Blauhelmsoldaten, die kroatischem Feuer zum Opfer gefallen seien. Die Vorfälle würden „untersucht“. Laut Granić sei die Regierung in Zagreb „auch weiterhin zu Gesprächen mit Kroaten serbischer Nationalität bereit, allerdings nur auf lokaler Ebene“.

Nach Einschätzung Genfer Diplomaten habe Kroatiens Präsident Tudjman zwar „die Krajina zurückerobert, aber Europa verloren“. Über die weitere Entwicklung herrschte gestern große Unsicherheit. Zum einen wegen der schwer abschätzbaren Reaktion des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević. Die UNO hat „beunruhigende Erkenntnisse“ über Truppenbewegungen in Serbien. Zum anderen wegen des Machtkampfs zwischen dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić und seinem militärischen Oberbefehlshaber Ratko Mladić. Karadžić hatte Mladić am Freitag zum „militärischen Berater“ degradiert, nachdem dieser eine militärische Unterstützung der Krajina-Serben abgelehnt hatte. Am Sonntag nachmittag trat das Parlament der selbsternannten „Serbischen Republik“ in Pale zusammen, um über die künftige Haltung der bosnischen Serben zu beraten.

Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich gegen einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien ausgesprochen. Kohl betonte, Deutschland verstehe sich als zivilisiertes Land und habe nicht vergessen, wie es in der „Stunde Null“ Hilfe von anderen Ländern erfahren habe. Allerdings müßten die Lasten zwischen den Staaten der EU gerechter verteilt werden. Andreas Zumach Seiten 2, 3 und 10

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