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Erste Einsichten: Atomtests sind schädlich

■ Proteste gegen französische Sprengungen beginnen zu wirken

Wellington/Paris (AFP) – Im Streit um die geplante Wiederaufnahme der französischen Atomtests will Neuseeland jetzt den Internationalen Gerichtshof in Den Haag anrufen. Das kündigte Ministerpräsident Jim Bolger gestern nach einem Treffen mit führenden Politikern von sechs der sieben größten Parteien in Wellington an.

Mit der neuseeländischen Klage in Den Haag soll ein Verfahren aus dem Jahr 1973 wiederaufgenommen werden, in dem Neuseeland gegen die bis 1975 oberirdisch vorgenommenen französische Atomtests geklagt und Recht erhalten hatte. Seit Januar 1974 erkennt Frankreich die Rechtsprechung dieser obersten juristischen UN- Instanz aber nicht mehr an. Mit der offiziellen neuseeländischen Eingabe in den Den Haag wird in der kommenden Woche gerechnet.

Nach Angaben aus amtlichen Kreisen will Wellington erreichen, daß die von September bis Mai geplanten Tests bis zu einer umfassenden Studie über die Auswirkungen der Versuche auf die Umwelt aufgeschoben werden. Australiens Außenminister Gareth Evans sagte, Canberra werde Neuseeland darin unterstützen.

Auch in Japan hat sich der Widerstand gegen die französische Atomtestentscheidung weiter verhärtet. Finanzminister Masayoshi Takemura und 22 andere Politiker hatten am Montag eine Gruppe gebildet, die sich im September möglicherweise an der Protestfahrt der von Greenpeace organisierten „Friedensflottille“ zum Atomtestgelände auf Moruroa beteiligen will. Eine Vorhut der internationalen „Friedensflottille“, an der sich auch australische und neuseeländische Abgeordnete beteiligen, ist bereits nach Moruroa unterwegs.

Weinexporteure machen sich Sorgen

In Japan und Australien drohten am Dienstag erneut Verbraucherverbände und Handelsgruppen mit dem Boykott französischer Waren. Die neuseeländische Einzelhandelskette „The Warehouse“ will keine Erzeugnisse mehr aus Frankreich importieren. Australien hat den französischen Fluzeughersteller Dassault-Breguet bereits aus einem Auftrag seiner Luftwaffe ausgeschlossen. Außenminister Evans riet allerdings dem Bundesstaat Neusüdwales von dem Plan ab, das deutsch-französische Gemeinschaftsunternehmen Eurocopter aus der Anbieterliste für einen Hubschrauberauftrag zu streichen. Wirtschaftssanktionen würden Australien nur schädigen.

In Frankreich wächst die Sorge über die wirtschaftlichen Auswirkungen des wachsenden Drucks aus dem Ausland. Nach Angaben des Verbandes der Wein- und Spirituosenexporteure verstärkt sich der Boykott von Woche zu Woche. Die einflußreiche Pariser Zeitung Le Monde rief Präsident Jacques Chirac auf, seine Atomentscheidung rückgäng zu machen: „Ein Verzicht auf die angekündigten Versuche würde dem Ansehen Chiracs weniger schaden, als eigensinnig auf dem Weg zu beharren, der Frankreich isoliert.“

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