: Schutz für alle Manager
■ Die USA beteiligten Nazi-Größen an der Entflechtung der IG Farben
Berlin (taz) – Ende März 1945 beschlagnahmten US-Soldaten viele Akten in der IG-Farben-Zentrale in Frankfurt. Bald entbrannte ein Streit in der amerikanischen Regierung, was damit geschehen sollte. Die Mitarbeiter im Finanzministerium um Morgenthau wollten die Notwendigkeit einer Zerschlagung der IG Farben damit untermauern und außerdem die internationalen Beziehungen des Konzerns aufdecken. Eine Gruppe im Kriegs- und Außenministerium hingegen wollte das Material nicht öffentlich diskutieren. Sie arbeitete mit der Bürokratie des Nazi- Regimes zusammen und war an einem möglichst schnellen Wiederaufbau der deutschen Industrie interessiert. Schon nach wenigen Monaten war der Machtkampf entschieden: Militärgouverneur Clay schob die führenden Köpfe der ersten Gruppe auf unbedeutende Posten ab. Unter Mitarbeit eines deutschen Expertengremiums wurde die Entflechtung der IG Farben nach wirtschaftlichen Kriterien geplant: BASF, Bayer und Hoechst sowie neun weniger bedeutende Gesellschaften wurden (wieder)-gegründet. Die meisten Kleinen waren jedoch kurz danach wieder von der Bildfläche verschwunden – die drei Großen hatten sie gefressen. Auch in den Kriegsverbrecherprozessen gegen die IG-Farben-Manager spiegelt sich die Perspektive vom US- Kriegs- und Außenministerium wider. Hauptankläger war Robert H. Jackson. Er sprach sich gegen Prozesse gegen Industrieelle mit dem Argument aus: „Ich hege die Befürchtung, daß eine sich über lange Zeit erstreckende öffentliche Attacke gegen die Privatindustrie – und zu einer solchen würde es im Laufe dieses Prozesses kommen – den Industriekartellen den Mut nehmen könnte, weiterhin mit unserer Regierung im Rahmen der Rüstungsmaßnahmen, die im Interesse unserer zukünftigen Verteidigung getroffen werden müssen, zusammenzuarbeiten.“ Im IG-Farben-Prozeß wurden dann alle Angeklagten von dem Vorwurf einer Mitschuld am Massenmord freigesprochen. Die kurzen Haftstrafen saßen sie nur zum Teil ab. Für viele begann eine zweite Karriere. Annette Jensen
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