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Am Bosporus geht gar nichts mehr

■ Mehr als eine halbe Million Arbeiter im öffentlichen Dienst der Türkei befolgen den Aufruf zum Warnstreik für höhere Löhne und mehr gewerkschaftliche Rechte

Ankara (AFP/rtr) – In der Türkei haben gestern Gewerkschaftsangaben zufolge rund 600.000 Arbeiter staatlicher Betriebe ihre Arbeit niedergelegt oder verlangsamt, um gegen den Stillstand der Tarifverhandlungen zu protestieren und gewerkschaftliche Rechte einzuklagen. Zu dem Warnstreik hatte die türkische Gewerkschaft Türk-Iș die 680.000 Beschäftigten in den staatlichen Betrieben aufgerufen.

Der Ausstand führte zu erheblichen Verkehrsbehinderungen. In mehreren Krankenhäusern kam die Versorgung weitgehend zum Erliegen. In Istanbul brachten Hunderte von Privatwagen und Taxis den Verkehr über beide Bosporusbrücken zum Stillstand, nachdem die städtischen Busfahrer nicht ins Depot gekommen waren. Auch die öffentlichen Pendlerfähren über die Meerenge stellten ihren Betrieb ein. Im Hafen von Izmir waren die Verladearbeiten beeinträchtigt. Der Ausstand soll bis heute morgen dauern.

Mit rund 2,7 Millionen Mitgliedern ist Türk-Iș die größte Gewerkschaft in der Türkei. Zwei weitere Gewerkschaften, die Hak-Iș und die DISK, unterstützten den Streikaufruf. Im Rahmen der Tarifverhandlungen hat die Regierung den Arbeitern eine Lohnerhöhung von 4 Prozent angeboten. Die Gewerkschaft fordert dagegen 5,4 Prozent und begründet dies mit der Steigerung der Lebenshaltungskosten. Die Inflationsrate liegt nach offiziellen Angaben bei über 80 Prozent.

Der Warnstreik richtete sich zugleich gegen mangelnde gewerkschaftliche Rechte im öffentlichen Dienst. Ein führender Gewerkschaftsfunktionär bezeichnete den Prozeß der Demokratisierung in der Türkei gestern als unzureichend. Das Parlament in Akara hatte Ende Juli einen Verfassungszusatz abgelehnt, der den Staatsangestellten das Recht zum gewerkschaftlichen Zusammenschluß garantiert hätte.

Bereits am Samstag hatten sich zwischen 60.000 und 100.000 Arbeiter der Staatsbetriebe zu einer Protestkundgebung in der Hauptstadt Ankara versammelt.

Türkische Offensive gegen die PKK-Guerilla

Ankara (AP) – Bei heftigen Gefechten im Südosten der Türkei sind innerhalb eines Tages 19 Kurden getötet worden. Wie das Büro des Provinzgouverneurs gestern mitteilte, setzten die Regierungstruppen ihre Offensive gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in der Provinz Hakkari fort. Die Region liegt nahe der Grenze zum Iran. Die PKK kämpft seit 1984 für die Selbstbestimmung der Kurden. In dem Bürgerkrieg kamen bisher über 16.000 Menschen ums Leben.

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