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Der schwedische Mini-Kirch

■ „Metro“-Eigner Jan Stenbeck hat ein Monopol über Schwedens Privat-TV

„Metro“, die Tageszeitung zum Nulltarif, ist das neueste Steinchen im Firmenmosaik von Jan Stenbeck. Seit Mitte der achtziger Jahre modelt der 53jährige Schwede seine Industrieholding Kinnevik mehr und mehr zu einem Medienunternehmen um. Silvester 1987 startete er mit TV3 den ersten privaten Satellitensender, der sein Geld in Schweden mit Werbung verdienen darf. 1991 ergatterte er dann die meisten Anteile von TV4, dem bisher einzigen Privatsender mit terrestrischer Frequenz.

Ein Kanal fast nur aus Shows und Filmen, dazu zwei Boulevard- Nachrichtensendungen am Tag. Marktführer sind weiter die Öffentlich-Rechtlichen, und wenn im Herbst die Konzession für einen weiteren werbefinanzierten Kanal vergeben wird, könnte die große Zeit von TV4 schon vorbei sein.

Deshalb hat Stenbeck schon mal begonnen, im Ausland zu investieren, mit sechs TV-Stationen in Norwegen, Dänemark. Estland, und Litauen. Auf Astra hatte er sich bereits 1988 eingemietet, jetzt geht er mit seinen Sendern auch auf die „nordischen“ Satelliten Thor und Sirius.

Mit Deutschlands Leo Kirch hat er zwar noch nicht die Umsatzziffern, wohl aber die Scheu vor der Öffentlichkeit gemeinsam. Vielleicht geistert der gebürtige Stockholmer, der selber keine politischen Ambitionen hat, deshalb als geheimnisvolle Gestalt durch die schwedischen Zeitungen. Mal als der hundeliebende Familienvater, mal als kreativer Kopf.

„Vor allem aber ist er ein knallharter Geschäftsmann, der sein Geld und seine Macht liebt und der sich nicht scheut, seine Macht auch auszuspielen“, sagt Jan Schermann, Journalist bei TV4 und Stenbeck-Kritiker. So pfuschte der Boß seinem TV-4-Chef Björn Nordstrand so lange ins Handwerk, bis der genervt und mit der Bemerkung „Dreckstiefel!“ seinen Schreibtisch räumte. „Am Ende bleiben nur Jan und die Jasager“, befürchtet ein ehemaliger Manager des Hauses.

Mittlerweile hat die schwedische Regierung eine Medienkommission zusammengerufen, die zwar in erster Linie auf das Meinungsmonopol des Konzerns Bonnier-Marieberg zielt, der die beiden größten Tageszeitungen und eine Vielzahl von Zeitschriften besitzt. Sie soll aber auch verhindern, „daß zu viele TV-Programme in einer Hand liegen“, wie Johan Munck, Verfassungsrichter und Kommissionsvorsitzender sagt.

Stenbeck hat nicht die Tradition von Bonnier-Marieberg, dafür aber hat er Geld. Soviel, daß er sich auch noch 13,9 Prozent der Bonnier-Gruppe kaufen konnte. Karsten Stumm

Carsten Kempf

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