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Pyrenäental unter Wasser

■ Umweltschützer und EU protestieren gegen spanische Staudammpläne

Madrid (taz) – In dem kleinen Dörfchen Itoiz in Spaniens Nordprovinz Navarra harren noch die letzten 20 Einwohner aus. Unterdessen sind die Planierraupen schon dabei, die Grundlage für die Staumauer zu schaffen, die das ganzes Pyrenäental schließen und überschwemmen soll. Das Wasser soll der Landwirtschaft im flachen Süden Navarras zugute kommen.

Inzwischen hat sich allerdings sogar der EU-Sekretär für Umweltfragen, Marius Enthoven, in einem Schreiben an seine spanische Amtskollegin Cristina Narbona teilweise der Kritik der Betroffenen und der Umweltschutzbewegung angeschlossen. Er fordert von der spanischen Regierung ein neues Umweltgutachten.

Mit dem Wasser des zwei Milliarden Mark teuren Stausees, 30 Kilometer von Pamplona entfernt, soll die Bewässerungslandwirtschaft im Süden Navarras um 55.000 Hektar ausgebaut werden. Die Folgen: 1.100 Hektar überschwemmtes Land mit zehn Dörfern und drei Naturschutzgebieten. Um das Naß an seinen Einsatzort zu bringen, soll zudem ein 100 Kilometer langer Kanal gebaut werden. Als das „Bündnis gegen Itoiz“ 1992 eine Klage bei der EU einreichte, ließ das Ministerium für öffentliche Arbeiten, Transport und Umweltschutz in Madrid drei Umweltgutachten erstellen: eines zum Stausee, eines zum Kanal und eines zur Bewässerungslandwirtschaft. Obwohl die Klage erst einmal zu den Akten wanderte, machte Enthoven der Madrider Regierung Auflagen: Nur ein Gesamtgutachten „kann realistische Daten zur Umweltverträglichkeit erbringen“. Brüssel legt den verantwortlichen Stellen eine Verkleinerung des Projektes nahe, um die vom Aussterben bedrohten Tiere zu schützen. Insgesamt bietet das Gebiet 150 verschiedenen Wirbeltierarten und Raubvögeln Lebensraum, auch dem immer seltener werdenden Fischotter. Deshalb steht auch Enthoven der touristischen Nutzung des künftigen Stausees, für die eigens eine neue Straße in das Gebiet gebaut werden soll, kritisch gegenüber.

Die Kritik der Umweltschutzbewegung und der betroffenen Bevölkerung geht weiter. Man stellt den gesamten Wasserplan der Regierung in Frage. Anstatt weitere Großprojekte in Angriff zu nehmen, solle die Regierung Wasser sparen und auf den Ausbau der Bewässerungsflächen verzichten.

Ein ehrgeiziges Projekt aus dem Landwirtschaftsministerium sieht zusätzliche 850.000 Hektar für die Bewässerung in den nächsten 20 Jahren vor. Dazu sind 250 neue Stauseen erforderlich. Die jährlichen Investitionen dafür von 2,2 Milliarden Mark – über zwei Jahrzehnte hinweg – sollen hauptsächlich aus EU-Töpfen fließen. Durch die Umleitung ganzer Flußläufe werden überdies die anliegenden Gebiete ausgetrocknet. Die Bewohner der im „Nationalen Wasserplan“ für Stauseen vorgesehenen Täler schauen besorgt auf Itoiz. Im Gegensatz zu den Zielgebieten des Wassers, wo Großgrundbesitzer die Landwirtschaft bestimmen, leben die Menschen in den Pyrenäenausläufern von kleinen Parzellen und der Viehzucht. Man ist nicht bereit, all dies für die zusätzlichen Gewinne in anderen Regionen zu verlieren. Wer Wasser abgibt, ist zu ewiger Unterentwicklung verurteilt, fürchten die Betroffenen.

Bei der Staatssekretärin für Umweltschutz, Cristina Narbona, macht sich dennoch Siegesstimmung breit. Das Thema Itoiz sei so gut wie vom Tisch, da es für sie außer Frage stehe, daß die Ergebnisse des erneuten Gutachtens kein Hinderungsgrund für das Projekt darstellen werden, weiß sie schon jetzt. Dem widerspricht Natxo Matxin, Sprecher des „Bündnisses gegen Itoiz“. Er fordert den sofortigen Baustopp, „weil es keinen Sinn macht, ein Projekt weiterzubauen, das gegebenenfalls wegen Umweltbedenken eingestellt werden muß“. Reiner Wandler

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