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Deutsche Bomber über Bosnien

■ Verteidigungsminister Volker Rühe bei seinem Truppenbesuch in Piacenza: Die in Italien stationierten deutschen Tornados sind schon mehrmals über das Kriegsgebiet geflogen – „zur Übung“

Bonn (taz) – Ein Kampfeinsatz der Bundeswehr-Tornados ist in greifbare Nähe gerückt. Denn die deutschen Kampflugzeuge fliegen schon seit einiger Zeit zu Übungszwecken über das bosnische Kriegsgebiet, und ein solcher Übungsflug kann sich nach Aussage von Bundesverteidigungsminister Rühe „sehr schnell in einen Einsatz entwickeln“.

Daß die deutschen Soldaten Übungsflüge über Bosnien absolvieren, wurde gestern während eines Besuchs des Bundesverteidigungsministers bei dem deutschen Tornado-Geschwader im italienischen Piacenza klar. „Wenn es Übungen in Bosnien gegeben haben sollte, wären wir ein Teil davon gewesen“, überlegte Rühe zunächst laut. Dann stelle er konkreter fest, die Bundeswehr sei per Parlamentsbeschluß auf die Unterstützung der Schnellen Eingreiftruppe für Bosnien festgelegt, und: „Sie wissen ja, wo die disloziert ist.“ Disloziert, das heißt in der Militärsprache in Einsatzpositionen, ist die aus Franzosen, Briten und Niederländern bestehende Eingreiftruppe zur Zeit vor allem in Sarajevo, also mitten in Bosnien.

Von den Neuigkeiten völlig überrascht war der Verteidigungsexperte der SPD, Manfred Opel. „Das sind Aktivitäten, die über das hinausgehen, was im Deutschen Bundestag gesagt worden ist“, kritisierte er gegenüber der taz. Die Übungsflüge seien im Beschluß des Bundestages „expressis verbis nicht enthalten“. Die Bundesparlamentarier werden regelmäßig über die Aktivitäten der Bundeswehrsoldaten im ehemaligen Jugoslawien unterrichtet. Die jüngste Mitteilung stammt vom 2. August. „Doch das Parlament ist nicht über die Übungsflüge informiert worden“, kritisierte Opel. Zudem seien die „rules of engagement“, die Einsatzregeln der deutschen Tornados, offenbar ausgeweitet worden. Ursprünglich sollten die deutschen Tornado-Flieger – als Akt der Selbstverteidigung – ihre Raketen erst abschießen dürfen, wenn ein serbisches Zielverfolgungsradar auf konkret ein Nato-Flugzeug gerichtet worden ist, um dieses abzuschießen. Nun soll es so sein, daß die Tornado-Besatzung ihre Harm- Rakete schon dann abfeuern dürfen, wenn sie vom Suchradar der serbischen Stellung erfaßt worden sind. Für Opel ist „diese Ausweitung der Einsatzregeln ein Hintergehen des Parlaments“. Damit werde der Waffeneinsatz eine Stufe früher ausgelöst, als dies Rühe im Verteidigungsausschuß glaubhaft habe machen wollen, schimpft der General a.D. „Nur weil das alles nicht so funktioniert, wie Rühe sich das trotz aller Kritik vorgestellt hatte.“

Verteidigungsminister Rühe hat nach eigenen Angaben darauf bestanden, daß die Einsatzregeln von Nato und UN akzeptiert werden. In Piacenza erklärte er gestern: „Sonst hätte ich nie die Erlaubnis gegeben, daß die Flugzeuge eingesetzt werden.“

Opel zeigte sich „aufs höchste empört“ darüber, daß er die „massive Veränderung des Einsatzes“ über die Medien wahrnehmen mußte. „Damit werden alle Befürchtungen unterstützt, wonach der Einsatz der ECR-Tornados ein ganz anderes Ziel verfolgt, als Rühe immer vorgegeben hat.“ Karin Nink

Seiten 2, 8 und 10

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