: Euler als Medienunternehmer abgesägt
■ Ex-Staatsrat und Ex-Bürgermeisterkandidat stolpert über Millionenschulden bei Bremer Fernsehfirmen / Sparkasse, die landeseigene Hibeg und ein Trägerverein hielten dicht
Hans-Helmut Euler geht es gar nicht gut. Der frühere Chef der Senatskanzlei, der wegen der Galla-Affäre als Staatsrat im Gesundheitsressort seinen Hut genommen hatte und ihn dann in den Ring der großen Medienkonkurrenz geworfen hat, muß seinen Sessel räumen. Euler verliert die Geschäftsführung der Medienholding FAF, unter deren Dach sich im Laufe der Jahre eine Reihe von Fernseh-Produktionsgesellschaften vereinigt haben. Der Grund: Die FAF schiebt einen Schuldenberg von mehr als vier Millionen Mark vor sich her, zu viel für die vier Gesellschafter der Holding, die mit je 87.500 Mark eingestiegen waren. Einer springt schon ab, um den Platz für einen potenten Geldgeber freizumachen, der die Bremer Arbeitsplätze retten und das Firmengeflecht vor dem totalen Aus bewahren soll. Auf einen ersten Sanierungsschritt haben sich die Gesellschafter allerdings schon einigen können: der Geschäftsführer muß weg, und das ist Hans-Helmut Euler.
Von der FAF hängen drei Bremer Firman ab: Tele Bremen, eine Fernsehproduktionsfirma, an der zu 50 Prozent der Holzbrinck-Medienkonzern beteiligt ist. Tele Bremen lebt von einer Vereinbarung der bremischen Landesmedienanstalt mit SAT 1. der Sender darf nämlich nur unter der Bedingung in Bremen ausstrahlen, daß er mindestens für eineinhalb Millionen Mark auch in Bremen produzieren läßt. Und das läßt er zum Beispiel bei Tele Bremen, zum Beispiel die „24-Stunden-Reportage“. Auch die zweite Tochter filmt vor allem für SAT 1. „FF Aktuell“ produziert regelmäßig für das SAT 1-Regionalmagazin, das werktags aus Hannover ausgestrahlt wird. Dritte Tochter ist die „Telestudio Bremen“. Die verdient ihr Geld mit der Vermietung von Studioplätzen und Kamerateams. Und seit einiger Zeit darf sie abgenudelte 24-Stunden-Reportagen an VOX verhökern.
Daß dieses Mini-Imperium nun ins Trudeln gekommen ist, das, so Insider, hat vor allem vier Gründe. Erstens: Vor gut zwei Jahren mußte die Gruppe eine schwere Schlappe wegstecken. Mit Millionenaufwand war ein Studio in der Frankfurter Börse eingerichtet worden. Von dort sollte ein tägliches Börsenmagazin für n-tv produziert werden. Wurde auch, bloß hatte sich der Sender offensichtlich übernommen. Nach ein paar Monaten kündigte n-tv, und die Bremer Firmengruppe blieb auf einem Großteil der Investitionen sitzen. Das Studio-Equipment wurde mit Verlust abgestoßen. Zweitens hängt mit erstens zusammen: Eben jenes Studio-Equipment, das mittlerweile schon nicht mehr in den fernsehtechnischen Zug der Zeit paßt und als veraltet gilt, steht nun wieder in Bremen, nämlich bei „Telestudio“. Unter Eulers Regie wurde die Alttechnik wieder aufgekauft, weil Telestudio, obwohl längst nicht in der Gewinnzone, expandieren sollte.
Drittens, so Kennerinnen der Branche, hat SAT 1 den Geldhahn ein wenig zugedreht. Gut ein Drittel weniger wird nun beispielsweise für die Sendeminute der 24-Stunden-Reportage bezahlt. Daß die Firmangruppe das offensichtlich nicht auffangen konnte, trotz durchschnittlicher Löhne und Honorare, trotz branchenüblicher Preise, das hat mit viertens zu tun: Über allem thront ein hochbezahlter Geschäftsführungs-Wasserkopf mit erheblichen Verwaltungs- und Reisekostenbudgets.
Das soll sich nun ändern. Und daß sich das ändert, darum sorgt sich nun vor allem das Institut, von dem die Millionen gekommen sind, die nun versickert sind: Die Sparkasse in Bremen. Neben dem finanziell schwachbrüstigen Verein „BIFF – Bremer Institut Film, Fernsehen“, der Keimzelle von Eulers Medienaktivitäten“, der landeseigenen „Hanseatischen Industrie-Beteiligungs GmbH“ (HIBEG) und dem Bremer Anwalt Joachim Theye, der in der Branche als Statthalter des Medienmultis Leo Kirch gilt, ist die Sparkasse vierte Gesellschafterin der FAF. Außerdem Hausbank, die nun wohl einen nicht geringen Teil der Millionenschulden in den Schornstein schreiben muß.
Aus dem Gesellschafterquartett aussteigen will nun der BIFF-Verein. An der Misere sei er ohnehin unschuldig, sagt der Kölner Hochschullehrer Hans-Josef Steinberg aus dem Vereinsvorstand. „Da waren schließlich Medienprofis am Werk, die mit Kirch und Holzbrinck zusammenhängen. Wir wollen jetzt den Weg für einen potenten Partner freimachen.“ Und eine Erklärung hatte der Vorstand auch schon vorbereitet, „aus Anlaß des Rücktrittes von Hans-Helmut Euler“. Nur war gestern partout noch nicht herauszukriegen, ob Euler denn nun tatsächlich schon zurückgetreten ist. Wer sich beim Bremer Handelsregister über die Beteiligungsverhältnisse und die aktuellen Geschäftsführungen der FAF und ihrer Töchter schlau machen will, der muß in diesen Tagen so dumm wie vorher wieder abziehen. Die Akten der Holding selbst und die von zweien der drei Töchter können nicht eingesehen werden. Der Grund: Gerade werden aktuelle Eintragungen gemacht.
Daß der Verein so schnell wie möglich das Weite sucht, das mag auch damit zu tun haben, daß er nicht weiter in den Schlammassel gerissen werden will. Schließlich sitzen dem Verein honorige Persönlichkeiten vor: Neben Steinberg der Bremer Hochschullehrer Wolfgang Eichwede und – Reinhard Hoffmann. der war bis vor kurzem Staatsrat im Bildungsressort und ist seit dem Regierungswechsel Chef des Rathauses.
Zum schlechten Schluß: Die Amtsenthebung Eulers ist nicht ohne politische Pikanterie. Schon im Frühjahr lagen die ökonomischen Probleme der Firmengruppe offen auf dem Tisch der Gesellschafter. Sie alle wußten von dem sich abzeichnenden Desaster: Die HIBEG mit enger Bindung sowohl an das Finanz-, als auch an das Wirtschaftsressort, damals unter den Senatoren Fluß und Jäger, die Sparkasse mit ihren Vorständen Rebers und Nölle, der Verein mit Staatsrat Hoffmann an der Spitze und der Bremer Anwalt Theye. Warum sie angesichts der prekären Situation nicht schon eher eingeschritrten sind, das bleibt vorläufig ihr Geheimnis. Gestern war niemand der Verantwortlichen zu erreichen, auch nicht Hans-Helmut Euler selbst.
Wir erinnern uns: Ende Mai hatte Euler seine Kandidatur auf das Bürgermeisteramt angemeldet.
J.G.
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