: Hilferuf aus dem Ostertor-Gefängnis
■ Liberianer Thomas B., seit März inhaftiert, soll erneut nach Gambia abgeschoben werden
Geht es um Abschiebungen, kommt die Bremer Ausländerbehörde schnell zur Sache. Über 800 Menschen schiebt Amtsleiter Dieter Trappmann jedes Jahr in die vermeintlichen Herkunftsländer ab, das sind mehr als zwei Menschen, die Bremen täglich zwangsweise verlassen. Ist die Heimat der Asylsuchenden nicht ermittelbar, so kann die Ausländerbehörde kreativ werden. Dann kaufen sie ein Ticket für die Region: Ostafrika, Westafrika, Vorderasien, Hinterasien, usw. „Uns ist ja egal, wo er hingeht, Hauptsache, er ist weg“, sagte Trappmann im Juni zur taz.
Damals hatte er den Liberianer Thomas B. (siehe taz v. 7.6.95) nach Konackry, Haupstadt des westafrikanischen Landes Guinea, ausgeflogen. „Ich bin ein wahrer Bürger der Republik Liberia“, schreibt Thomas B. aus dem Abschiebegefängnis Ostertorwache der taz. Dort sitzt der junge Mann seit dem 23. März. Nur die einwöchige Rundreise mit dem Bundesgrenzschutz durch westafrikanische Flughafenhallen hatte seine Haft unterbrochen. „Guinea und Gambia wollten mich nicht haben“, schreibt B. Aus gutem Grund, ist er doch Liberianer.
Was vor sechs Wochen schon erfolglos war, will Trappmann jetzt wiederholen. Der gambische Honorakonsul in München hat Thomas B. ein Einreisevisum für Gambia ausgestellt. Und das, obwohl der Deutsche den Liberianer nie gesehen hat oder die Einreiseformalitäten mit ihm besprochen hat. Bereits am 25. Juli sollte Thomas B. erneut nach Banjul (Gambia) fliegen, doch scheinbar gab es nicht genug Plätze im Flieger. Nach Recherchen seiner Anwältin sind an dem Tag Beamte des Bundesgrenzschutzes in die westafrikanische Stadt geflogen, um das Terrain zu sondieren. Sie sollen für Bremen und andere Bundesländer überprüft haben, ob die gambischen Grenzer die Visa des Münchner Honorarkonsuls akzeptieren.
Das haben sie, anders läßt es sich nicht erklären, daß Thomas B. am 16. August erneut nach Gambia ausgeflogen werden soll. Diesaml hat B. auf die Eskorte gedrungen: Er fürchtet, daß Gambia ihn zwar ins Land läßt, dann aber wegen Urkundenfälschung für „20 Jahre hinter Gittern bringt“. Außerdem vermutet er, daß die gambischen Behörden den Schrieb ihres Honorarkonsuls nicht aus freien Stücken angenommen haben. „Vermutlich ist es da nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen“, sagt ein Mitglied der „Asylgruppe Ostertor“, die sich um die Abschiebehäftlinge in dem Verlies kümmert.
Da in Liberia nachweislich immer noch Bürgerkrieg herrscht, und selbst Soldaten verschiedener afrikanischer Länder bislang keinen Frieden stiften konnten, geschweige eine Regierung installieren konnten, gibt es keine Flugverbindung in die Haupstadt Monrovia. Dennoch wirft die Ausländerbehörde Thomas B. vor, nicht freiwillig nach Monrovia auszureisen. Während seiner Odyssee durch Westafrika vor sechs Wochen seien angeblich Flugzeuge nach Monrovia gegangen, behauptet Trappmann. Thomas B. habe sich geweigert einzusteigen. Mit dieser Begründung hat das Bremer Verwealtungsgericht bereits zweimal die Haft des Mannes verlängert. Die Höchstdauer von 18 Monaten Abschiebehaft hat Thomas B. dennoch nicht erricht, die Richter drohen aber bereits damit, sollte er sich weiter widersetzen. „Ich bin nicht bereit, mit der Polizei zu kooperieren, solange die versuchen mich in irgendein afrikanisches Land zu repatriieren“, schreibt Thomas B. Nach Liberia würde freiwillig gehen. Wenn er könnte. ufo
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