: Mit Leckerli und Handschlag
■ „Auch Hunde müssen arbeiten“, meinen 250 Bremer GebrauchshundeführerInnen Stadtmeisterschaften zeigten sie „Leistung“
Deutsche, so sagt man, leben erst im Verein so richtig auf. Da kennen sich die Mitglieder, frönen dem gleichen Hobby und die Feste im Vereinsheim unter seinesgleichen und dem familiären Anhang sind doch auch die schönsten. Wie schön, wenn auch der tierische Freund der Familie dabei sein kann. Für die 250 Mitglieder des Bremer Polizeihundvereins wird gar Boxer Eddy von Delmestrand, Riesenschnauzer Endro von der Alten Weser oder Rottweiler Tenno von Kupferdach erst zum Grund der wöchentlichen Vereinigung im Borgfelder Polizeihundverein.
Seit nunmehr 75 Jahren treffen sich HundehalterInnen im Polizeihundverein, der längst nicht mehr nur Diensthunde ausbildet. Die meisten von ihnen hätten ganz normale Berufe, meint Erwin Täuber. Seit 25 Jahren ist er Mitglied im Verein, hat fünf Hunde in dieser Zeit ausgebildet. „Die Ausbildung ist fertig, wenn der Hund Leistung bringt“ sagt Täuber. So wie sein Rottweiler-Rüde Tenno, den Täuber am Samstag auf der Stadtmeisterschaft vorgeführt hat.
Der siebenjährige Tenno ist als „Schutzhund III“ klassifiziert. Er kann Fährten suchen, Gegenstände auf Zuruf finden, versteckte Personen aufstöbern und verbellen, sich in den Lederarm eines flüchtenden Menschen verbeißen und daran zerren. Doch ein scharfes „Schluß“ seines Herrn bringt Tenno zur Räson. „Das ist eben der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Hund“, sagt Täuber. „Schluß“ ist eben Schluß. Dann muß der dressierte Hund sitzen oder platzen, aber nicht mehr zubeißen. Wenn der Hund sich allerdings nicht richtig in den gepolsterten Unterarm verkeilt, ist das auch ein schlechtes Zeichen. „Dann ist der nicht fest, da bleibt dann nur der Breitensport für den Hund“.
Aus der Hundetraum, als „Deutscher Meister“ für vielleicht 300.000 Mark an einen amerikanischen Profi-Hundeführer verkauft zu werden. Dann heißt es für den Schäferhund, Airedale oder Boxer über Hindernisse zu hechten, durch Reifen zu springen oder Tunnel zu krabbeln. Wenn er noch jung und kräftig ist, kann er vielleicht noch an 2.000 oder 5.000 Meter Läufen samt BesitzerIn teilnehmen. Auch das sei hartes Training, meint Täuber. Aber: „Immer in aller Freundschaft.“ Hunde müssen zwar arbeiten, aber alles in Maßen.
Hundefreund Erwin Täuber kennt nach 25 Jahren alle Tricks. Der Welpe muß gesund sein und aus gutem Hause kommen. Für „Hundevermehrer, die nur decken und Geld machen wollen“, hat Täuber nichts übrig. Für seinen Tenno ist er extra bis hinter Frankfurt gefahren, da stimmten die Papiere. Auch Profis, die den Hund nicht im Sack, sondern erst als Einjährigen kaufen, finden bei Dressurprofi Täuber keine Gnade. Man brauche eben Zeit, Ausdauer und einen konsequenten Befehlston, sonst folge der Hund nie. „Und nie schlagen, nur schimpfen“, sagt Täuber. Und belohnen: Mit dem Lieblingsspielzeug oder dem „Leckerli“ aus der Hosentasche. „Besser ist aber, es kurz in den Mund zu nehmen, dann sitzt der Hund direkt vor einem und guckt nicht immer nur auf die Hosentasche“. Das sollen Tenno, Baffy, Endro und Eddy nämlich möglichst überhaupt nicht. Wenn Herrchen oder Frauchen rufen, dann haben sie in schnellem Schritt auf eben den des Menschen zu zu eilen und direkt vor ihm „Sitz“ zu machen. Ohne Befehl versteht sich. Den Blick in steilem Winkel nach oben gerichtet. Der Hund, Aug in Aug mit der längeren Kreatur.
Man ist schon stolz im Borgfelder Polizeihundverein auf die langjährige Tradition. Bereits 1912 vom Polizeibeamten August Gensecke gegründet, nahmen die Polizisten ab 1920 alle Hundefreunde auf. Die NS-Zeit überstanden sie schadlos, wurden sie doch als „Fachschaft Gebrauchshunde“ dem Reichsbund Hundewesen untergeordnet. Und so traut man sich heutzutage auch ohne Arg ein Foto samt NS-Uniformträger und Diensthund von 1938 in die
Chronik zum Jubiläum aufzunehmen. Wie hat es der Vorsitzende Horst Liedecker so treffend gesagt: „Ich wünsche dem PHV auch für die Zukunft viele Väter, damit die nächsten 75 Jahre weiterhin erfolgreich verlaufen“. Ulrike Fokken
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