: „Die waren giftig, aber korrekt“
■ Greenpeace-Chef Thilo Bode gestern im Hotel in Honkong nach der Entlassung aus chinesischer Haft
Berlin (taz) – Die sechs Greenpeaceler hat die chinesische Regierung gestern freigelassen und abgeschoben. Doch die Proteste für einen Stopp der geplanten Atomtests in China und auf Moruroa im Südpazifik haben durch die Aktion auf dem Platz des Himmlischen Friedens noch einmal an Kraft gewonnen. In Brisbane kündigte der Präsident von Nauru an, die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich abzubrechen, der Weltkirchenrat rief zu einem Weltgebetstag gegen die Atomtests auf. In Brüssel forderte die EU-Kommission die französische Regierung zu einem Treffen noch in dieser Woche auf. Die Folgen der Atomtests müßten geklärt werden. Der designierte Chef von Greenpeace International, Thilo Bode, sagte der taz:
taz: Herr Bode, wo steckten Sie nach Ihrer Verhaftung in Peking?
Thilo Bode: Wir saßen zehn Stunden bei verschiedenen Polizeibehörden und wurden befragt. Am Abend dann in einem Hotel, wo wir mit unseren Bewachern einen Flur für uns hatten. Mittwoch schließlich wurden wir in ein Flugzeug nach Hongkong gesetzt.
Und nun – müde?
Das sowieso. Aber wir sind vor allem froh, daß wir raus sind. Es war in dem Fall wirklich offen, was passiert. Die Prognosen reichten von „Es passiert gar nichts“ bis „schlimm“.
Wie wurden Sie behandelt?
Die Chinesen sind sehr giftig gewesen. Sie wollten insbesondere wissen, ob Chinesen an der Sache beteiligt waren. Aber die Behandlung war insgesamt korrekt. Bis auf die Tatsache, daß wir unsere Botschaft nicht kontaktieren konnten.
Mußten Sie ein Geständnis ablegen?
Die Chinesen wollten, daß wir uns entschuldigen und unterschreiben, daß wir solche Sachen nie mehr machen. Wir haben aber eine Formulierung gefunden, die es uns erlaubt, glaubwürdig zu bleiben und weiterhin zu agieren. Die Chinesen haben das akzeptiert. Wir haben uns nicht entschuldigt.
Gab es eine Reaktion der chinesischen Regierung? Sind Sie mit ihr ins Gespräch gekommen?
Das größte Ding für die Chinesen war, daß wir das Demonstrationsverbot auf dem Tiananmen-Platz verletzt haben. Das ist seit 1989 noch niemandem gelungen.
Haben Sie Forderungen an die Regierung gerichtet?
Ja. Wir wollen das Testgebiet „Lop Nor“ mit unabhängigen Wissenschaftlern untersuchen dürfen. Darauf haben wir jedoch noch keine Antwort bekommen. Die offiziellen Vertreter sagten: Darüber können wir reden, aber nicht jetzt.
Und nun? Welche Antwort erwarten Sie?
Ich glaube, das Thema Atomtests ist durchaus diskutierbar. China will ja auch ein Teststopp-Abkommen.
Soll die Kampagne gegen die Tests auf die Volksrepublik ausgedehnt werden?
Unbedingt. China und Frankreich sind die Schlüsselländer mit ihrem absurden Ansinnen, die Tests durchzuziehen.
Wird es weitere Aktionen in China geben?
Wir müssen uns das überlegen. Es muß ja nicht immer der Tiananmen-Platz sein. Interview: Reiner Metzger
Siehe auch Seite 7
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