Press-Schlag
: Euro-Deppen

■ Der Karlsruher SC in der Krise

Der Niedergang des Karlsruher SC seit dem 2. November 1993 läßt sich ziemlich exakt berechnen. Er beträgt genau 18. Mit 7:0 wurde damals der spanische Tabellenführer FC Valencia aus dem UEFA-Cup gekickt. Am letzten Samstag gab es nun eine 2:6-Niederlage gegen den FC Bayern München, der sich wiederum wenige Tage zuvor bei der spanischen Spitzenmannschaft Deportivo La Coruña mit 0:7 blamiert hatte. Summe: 2:13. Man kann also mit Fug und Recht annehmen, daß der KSC von heute gegen Teams, die er vor zwei Jahren noch mit sieben Toren Unterschied bezwang, mit elf Toren Unterschied verlieren würde. Macht genau 18.

Und ausgerechnet dieser KSC, der sich von Rehhagels fußballerischem Torso auseinandernehmen ließ wie, sagen wir, eine Bundestagself vom AC Mailand, soll am Dienstag gegen Girondins Bordeaux eine 0:2-Heimniederlage im Halbfinale des UI-Cups wettmachen und sich einen der beiden restlichen UEFA-Cup-Plätze sichern. Girondins Bordeaux, wir erinnern uns, war das erste Team, das in der Zeit der Karlsruher Jahrhundertspiele den neugewonnenen Hochmut des KSC zu spüren bekam. „Die schießen wir aus unserem Stadion“, hatte Edgar Schmitt, in jenen glorreichen Tagen noch Euro-Eddy, nach dem 0:1 in Bordeaux getönt, und Vereinspräsident Schmider stimmte im welschen Land, vom örtlichen Wein befeuert, unverdrossen das Badener Lied an. Wer sollte den Valencia-Bezwinger schon stoppen. Tatsächlich kamen die Karlsruher bis ins Halbfinale, wo das mächtig unterschätzte Austria Salzburg zum Stolperstein wurde. Nichts war's mit dem UEFA-Cup, und wenig später ging auch noch der UEFA-Cup-Platz in der Bundesliga um Haaresbreite flöten. Selten war der Fall dem Hochmut so schnell auf dem Fuße gefolgt.

Der KSC verschwand von der Bildfläche und tauchte eigentlich erst am Samstag gegen die Bayern wieder auf. Und gleich wieder unter. „Ich sage gar nichts“, sagte Manfred Bender, sonst eigentlich immer für einen tumben Spruch zu haben, und Trainer Winnie Schäfer raufte sich zwar formschön das Haupthaar, wußte aber auch nichts Erhellendes über die dauerhafte KSC-Misere mitzuteilen. Hätte er Häßler nicht kaufen sollen? Kirjakow verscherbeln, solange den noch jemand wollte? Vielleicht gar Wolfgang Rolff behalten? Fragen über Fragen, doch das Problem dürfte, wie immer, beim Trainer selbst liegen. Gegen Valencia, wir erinnern uns, hockte Schäfer wegen einer Sperre auf der Tribüne. Dort sollte er sich in Bordeaux schleunigst wieder hinbegeben und fortan bleiben. Dann wird es vielleicht doch noch etwas mit dem UEFA-Cup, und die Jahrhundertspiele können endlich wieder losgehen. Matti