Freispruch gefordert

■ Solingen Prozeß: Verteidiger verweist auf Alibi und warnt vor „Fehlurteil“

Düsseldorf (AP/AFP/taz) – „Es darf nicht dazu kommen, daß hier auf Teufel komm raus verurteilt wird. Die Verurteilung von Unschuldigen schafft Märtyrer.“ So begann gestern im Prozeß um den Brandanschlag von Solingen Rechtsanwalt Jochen Ohliger das Plädoyer für seinen Mandanten Christian B. Ohliger forderte vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht Freispruch für den 22jährigen, der des fünffachen Mordes und 14fachen Mordversuchs angeklagt ist.

Christian B. und seine Mitangeklagten Markus G. und Felix K. hätten zum Zeitpunkt des Anschlags, in der Nacht zum 29. Mai 1993, gar nicht am Tatort in der Unteren Wernerstraße sein können, sagte der Verteidiger. Zeugen hätten bestätigt, daß alle drei zuvor bis mindestens 0.25 Uhr auf einem Polterabend und anschließend bei einem gemeinsamen Freund gewesen seien. Der vierte Angeklagte, Christian R., hatte sich vor der Sommerpause überraschend der Alleintäterschaft bezichtigt. Rechtsanwalt Ohliger, der das erste von acht Plädoyers hielt, betonte, rassistisches Gedankengut müsse „mit allen Mitteln“ bekämpft werden.

Gleichzeitig warnte er den Sechsten Strafsenat unter Vorsitz von Richter Wolfgang Steffen. „Mit Fehlurteilen kann man keine Sühne erzielen“, unterstrich der Verteidiger. Was seinen Mandanten auf der Anklagebank zu kräftigem Nicken verleitete.

Ohliger warf der Staatsanwaltschaft „schwere Pannen in der Ermittlungsarbeit“ vor. Auch im Prozeß hätten die Anklagevertreter die belastenden Aussagen von Zeugen stets wichtiger genommen als die entlastenden. Die Bundesanwaltschaft hatte den Brandanschlag in ihrem Plädoyer als gemeinschaftlich begangene Tat aller vier Angeklagten gewertet.

Sie forderte für Christian B., Felix K. und Christian R. jeweils zehn Jahre. Für den zum Tatzeitpunkt bereits volljährigen Markus G. wurde eine lebenslange Haft gefordert.