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Umweltamt wehrt sich gegen Umzugsorder

■ Keine Panik, aber Sorge und Proteste bei Mitarbeitern von Bundesverwaltungsgericht und Umweltbundesamt

Panikeffekte bei seinen Mitarbeitern hat Matthias Stolp, der Personalratsvorsitzende des Bundesverwaltungsgerichts, bei seinen Mitarbeitern noch nicht wahrgenommen. Schließlich hätten alle Beschäftigten schon vor dem diensttäglichen Beschluß der Bundesregierung vom Umzug nach Leipzig gewußt. Aber: „Wer kann schon in eine objektive Planung eintreten, wenn immer noch die sozialen Rahmenbedingungen für einen Umzug fehlen?“ Zu diesen gehört nach Auffassung des Personalratsvorsitzenden auch eine Stellenbörse für diejenigen Mitarbeiter, die auf gar keinen Fall nach Leipzig umziehen wollen. Diese Kolleginnen und Kollegen müßten dann bei einer anderen Behörde untergebracht werden.

Rund dreihundert Richter, Beamte und Angestellte des Obersten Verwaltungsgerichts an der Hardenbergstraße direkt neben dem Bahnhof Zoo sind von dem Umzug betroffen. Bereits vor drei Jahren hatte eine Föderalismuskommission den Umzug von 40 Bundesbehörden in den wilden Osten vorgeschlagen. Matthias Stolp, der die Interessen der nicht- richterlichen Beamten und Angestellten vertritt, sieht darin kein Problem, da mit dem Umzug frühestens in fünf bis sieben Jahren zu rechnen ist. Genug Zeit, um mit der Bundesregierung vernünftige Bedingungen auszuhandeln, glaubt Stolp.

Doch während für das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das ehemalige Reichsgericht mit einem Kostenaufwand von über 200 Millionen Mark aus- und umgebaut wird und der Behörde zumindest ein Dienstgebäude zur Verfügung stehen wird, sieht es für das Umweltbundesamt am Zehlendorfer Bismarckplatz schlechter aus. Für den Umzug der Behörde mit rund achthundert Mitarbeitern ist nur ein Gesamtetat von 70 Millionen vorgesehen. Auch ein Gebäude gibt es noch nicht. Der Personalratsvorsitzende Dr. Johannes Vogler ist verärgert über die „abstruse Entscheidung“, das Umweltbundesamt in Dessau anzusiedeln. Sein Amt sei auf die Labors und die technische Infrastruktur der drei Universitäten angewiesen. „Was ist Dessau? Die tun häufig so, als seien wir die faulen Beamtenärsche, die den Aufbau Ost boykottieren“, sagt Vogler. Aber um adäquate Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen, müßten mindestens 500 Millionen Mark zur Verfügung stehen. Seiner Meinung nach sollte die Bundesregierung das Geld lieber in Sachsen- Anhalt für die Schaffung neuer Arbeitsplätze investieren, statt frustrierte Beamte dort anzusiedeln. „Ich habe jedenfalls keine Lust, das Schicksal der Mitarbeiter des Bundesamtes für landwirtschaftliche Marktforschung zu teilen.“ Diese Behörde ist bereits von Berlin nach Neustrelitz umgezogen. Mangels Wohnungen hatte man die Mitarbeiter in Wohncontainern unterbringen müssen. Peter Lerch

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