Gary Lauck wird der Prozeß gemacht

■ Dänemarks Oberster Gerichtshof bestätigt die Auslieferung des US-amerikanischen Neonazis nach Deutschland. Die Überstellung von Kopenhagen nach Hamburg kann bereits in wenigen Tagen erfolgen

Kopenhagen (dpa/taz) – Der Weg für die Auslieferung des US- Neonazis Gary Lauck von Dänemark nach Deutschland ist frei. Dänemarks Oberster Gerichtshof lehnte gestern in Kopenhagen eine Beschwerde des 42jährigen über die von der dänischen Regierung im Mai verfügte Auslieferung ab. Es bestätigte damit zwei gleichlautende Urteile unterer Instanzen.

Lauck war im März in der Nähe von Kopenhagen auf deutsches Ersuchen verhaftet worden und kann nun nach Klärung praktischer Probleme innerhalb weniger Tage an die Justizbehörden in Hamburg überstellt werden. Gegen die Entscheidung des Gerichts gibt es keine Einspruchsmöglichkeiten. Es handelt sich um die erste Auslieferung dieser Art durch dänische Behörden. Die dänischen Richter begründeten die Zulässigkeit der Auslieferung damit, daß Laucks Propaganda-Aktivitäten auch nach dänischem Recht strafbar seien. Sie verwiesen auf den Paragraphen 266b des Strafgesetzbuches, der rassistische Hetze unter Strafe stellt.

Die Richter zitierten in der Urteilsbegründung antisemitische Äußerungen aus der von Lauck in Lincoln im US-Bundesstaat Nebraska herausgegebenen Zeitung NS Kampfruf. Dort heiße es unter anderem: „Nach meiner Meinung sind die Juden eher zu human behandelt worden. Diesen Fehler dürfen wir nie wieder begehen.“ Das Gericht bezog sich auch auf Sätze wie: „Heute wie damals: Die Juden sind unser Unglück! Raus mit den Juden! Nur die NSDAP kann helfen!“

Gleichzeitig wies das Gericht den Vorwurf der Verteidigung zurück, es handele sich bei der in Deutschland angestrebten Strafverfolgung vor allem um „politische Justiz“. Die Taten, so schreiben die Richter, „derentwegen deutsche Behörden Lauck zur Verantwortung ziehen wollen, berühren insgesamt nicht in erster Linie einen Angriff auf ein politisches System, sondern Drohungen, Verhöhnungen und demütigende Äußerungen gegenüber Minderheiten.“

In der dänischen Öffentlichkeit ist das deutsche Auslieferungsbegehren gegen Lauck umstritten. Bisher existieren in dem skandinavischen Land keine ausdrücklichen Verbote für Nazi-Propaganda. Das Prinzip der Meinungsfreiheit galt als unantastbar.

Seit über zwei Jahrzehnten hat Gary Lauck die Entwicklung des Neonazismus in Deutschland entscheidend beeinflußt. Lauck ist Gründer und Führer der Auslands- und Aufbauorganisation der NSDAP. Seit den 70er Jahren versorgte er von seinem Wohnort Lincoln, Nebraska, aus Neonazis in aller Welt mit Propagandamaterial. Trotz umfangreicher Kontrollen der Sicherheitsbehörden gelangten seine Aufkleber, Hakenkreuzfahnen, Videos und Bücher regelmäßig nach Deutschland und wurden in der Neonazi-Szene verteilt. Der NS Kampfruf erscheint alle zwei Monate in einer Auflage von 2.000 Exemplaren. Seit 1979 propagiert der NS Kampfruf die Gewalt zur Durchsetzung der politischen Ziele der NSDAP/AO.

Dänemark galt bislang als ideales Rückzugsgebiet für deutsche Neonazis. Bereits seit Ende der 80er Jahre versuchen die deutschen Behörden vergeblich, die Auslieferung des in Dänemark lebenden deutschen Neonazis Thies Christophersen zu erreichen. Neben Christophersen nutzen auch andere Gruppen die liberalen dänischen Bestimmungen zur internationalen Verbreitung ihrer Nazi- Propaganda von Dänemark aus. Justizminister Björn Westh und andere Regierungsmitglieder sprachen sich seit Jahresbeginn jedoch in vorsichtiger Form dafür aus, Schritte gegen derartige Aktivitäten zu unternehmen. CSE