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„Ein schwerer Weg“

■ Gutachten: Ocean-Park wird doppelt so teuer wie geplant

Rolf Stindl, Fraktionsvorsitzender der Bremerhavener CDU, geriet auf der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag ins Schwärmen. „Der Ozean-Park wird ein Aufatmen für die Stadt sein“, prophezeite er. „Der Park muß so schnell wie möglich gebaut werden“, forderte Stindl. Damit das „kleinliche Rumreden und Aufrechnen“ endlich ein Ende habe. Auf den Tischen der Stadtverordneten lag eine blaue Broschüre. Ein „Bericht der Vorprüfung“ mit den Ergebnissen eines Ingenieurbüros und einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die das Ocean-Park-Konzept des amerikanischen Investors Peter Chermayeff durchgecheckt haben. Ergebnis: Der Ocean-Park wird nicht – wie von Chermayeff angegeben – 520 Millionen Mark kosten, sondern 980 Millionen Mark. Der Architekt hatte die Infrastruktur nicht einkalkuliert. Die Kosten hierfür sollen sich Stadt und Land teilen. Außerdem müßte das Land laut Gutachten einen Zuschuß von 48,9 Millionen Mark und eine Kapitalbeteiligung von 22 Mio. Mark locker machen.

Von der Stadt Bremerhaven will Chermayeff die Grundstücke am Alten und Neuen Hafen umsonst. Grund- und Vermögenssteuer möchten Chermayeff und die Investoren auch nicht zahlen. Apropos Steuern: Die meisten Investoren müßten nach Meinung der Gutachter bis zum Jahr 2008 „erhebliche“ Verluste hinnehmen. Sie bräuchten keine Gewerbe- und Körperschaftssteuer zu zahlen – ebenfalls Einnahmen, die Stadt und Land in den Wind schreiben könnten. „Chermayeff ist ein Glücksgriff für die Stadt“, jubelte der FDP-Abgeordnete Jörn Model. Deshalb wollte Fritz Grote, stellvertretender SPD-Fraktionschef, dem amerikanischen Investor die Grundstücke in Erbpacht zur Verfügung stellen. Nur Christian Scherzer von den Grünen wollte nicht in das „Hohelied der Bereitwilligkeit“ einstimmen. „Nur völlig Blinde können in Chermayeffs-Konzept der Weisheit letzten Schluß erkennen“, schimpfte er. „Aber in Bremerhaven muß nur alles groß genug sein, dann wird das Geld hinterhergeschmissen. Die Investoren müssen einen langen Atem haben, wenn sie bis 2008 ausharren wollen. Außerdem möchte ich mal wissen, wer die Investoren sind.“

Stindl meldete sich zu Wort: „Merken Sie nicht, wie Sie mit Ihren negativen Äußerungen das Projekt gefährden und den Teufel an die Wand malen.“ „Kritik muß erlaubt sein“, konterte Scherzer.

Bürgermeister Burghard Niederquell nahm der Diskussion schließlich die Schärfe. „Natürlich sind die Zahlen erschreckend“, räumte er ein. „Die Verhandlungen stehen aber erst am Anfang. Wir haben einen schweren Weg vor uns, wo der endet, wissen wir nicht.“

Die Mehrheit der Stadtverordneten beauftragte den Magistrat mit weiteren Verhandlungen und Untersuchungen. Die Grundstücke sollen dabei „lediglich eingebracht“ und nicht, wie von der SPD gefordert, in Erbpacht zur Verfügung gestellt werden. Am 28. August ist der Ocean-Park Thema im Wirtschaftsausschuß. Eine Projektgesellschaft soll gegründet werden, neuere Untersuchungen sollen her. Kosten: 4.330.000 Mark, die sich Investoren, Stadt und Land teilen. Stadt und Land müßten je 1.082.500 Mark berappen. Wenn der Wirtschaftsausschuß das Geld bewilligt, geht die Vorlage nach Bremen in die Wirtschaftsförderungsausschüsse. kes

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