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Ein Pferde- halfter an der Wand

„We don't need no education“, rief der Erstkläßler und erschoß das nette Fräulein Smith in Los Angeles vor den Augen seiner Schulkameraden, während gleichzeitig im Nachbarzimmer die männlichen Schüler der achten Klasse dem gefesselten Rektor ihre Zigarettenkippen am Hals ausdrückten. Betragen: mangelhaft. Denn eigentlich ist es verboten in den USA, Schußwaffen in den Unterricht mitzubringen. So geht's zu in der Welt! Da schauen wir doch lieber mal bei einer Schulklasse in Tauberbischofsheim vorbei: Vorbildlich, wie sie dasitzen, wie Sascha sich meldet, aufsteht und Herrn Hempel die richtige Antwort gibt. Verhalten: die Eins. Mitarbeit: die Eins. Gesamteindruck: und noch einmal die Eins.

Zugegeben, diese Momentaufnahme aus Tauberbischofsheim wurde gemacht, da hing noch ein Kreuz im Klassenzimmer. Wir können aber mit ziemlicher Sicherheit sagen, wie es dort in Zukunft zugehen wird. Denn die (sehr katholische) neue baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan hat angekündigt, vom kommenden Schuljahr an die Noten für „Verhalten“ und „Mitarbeit“ abzuschaffen. In den USA hat es eine solche Note nie gegeben (siehe Anfang des Artikels), und statt einem Kreuz hing dort immer nur ein Pferdehalfter an der Wand. Die Folgen (s.o.) sind bekannt.

Jetzt nach Bayern also auch in Baden- Württemberg: es wird alles immer nüchterner, orientierungslose Schüler irren durch weißgetünchte Klassenzimmer.

Wo Werte aber nicht mehr aufgehängt werden und Aufhängen nicht mehr bewertet wird, ist es kein Wunder, was die Zeitschrift Eltern in ihrer neuesten Ausgabe schreibt: 68,6 Prozent der von ihr befragten Schüler sind der Meinung, daß man nicht immer ehrlich sein kann. Und ein ganz schlimmer 13jähriger (natürlich Gesamtschüler) sagt: „Abschreiben erlaubt auch der liebe Gott.“

Wie stöhnte doch Großvater, als man eines Tages keine Bahnsteigkarten mehr lösen mußte, um an die Gleise zu gelangen: „Jetzt schaffen sie alles voll ab!“ Philipp Maußhardt

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