Politiker wühlen im Müll

■ Koalition uneins über Müllgebühren-Erhöhung

Kaum etwas läßt sich so gut zerfleddern wie Müll. Seit einem Jahr schaukeln sich die Bremer BürgerInnen zwischen Bio- und Restmülltonne, gelbem Sack und Gebührenerhöhung hoch. Seitdem beschmeißen sich auch PolitikerInnen mit Dreck.

Gestern eröffnete die Landespressekonferenz die politische Diskussion nach der Sommerpause um den „teuren Abfall und dessen Finanzierung“. Seitdem die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) im Mai ihre Bilanz 1994 veröffentlicht hatten, ist das dicke Minus bekannt. Schnell war auch klar, daß die BEB nur über erneute Gebührenerhöhungen in den kommenden zwei Jahren die roten Zahlen ausgleichen können.

Die CDU hat den Schuldigen schon gefunden. „Wir müssen uns mit den Altlasten von Senator Fücks rumschlagen“, sagte Jörg Kastendiek, Bürgerschaftsabgeordneter der CDU. Fücks sei politisch verantwortlich dafür, daß die diversen Tonnen eingeführt und falsche Gebühren errechnet wurden. Kastendiek weiß zwar nicht, wie die BEB aus den Miesen kommen sollen, so ist ihm das politische Ziel der CDU klar: „Wir werden eine Gebührenerhöhung verhindern“.

Waltraud Hammerström, neue Umweltdeputierte der SPD, scheut sich nicht vor unpopulären Äußerungen. „Früher wurden die Gebühren politisch gedeckelt“, sagte sie. Heutzutage wisse man, daß Umweltschutz Geld koste. Außerdem hätten die BEB ihr ökologisches Ziel ereicht: Der Müll wird besser sortiert und verwertet. Wenn die BEB nachweisen können, daß sie mehr Geld aus Gebühren brauchen, dann werde die SPD dafür stimmen.

„Altlasten“, sagte Elisabeth Hackstein von den Grünen, „sind die sinkenden Müllmengen“. Das sei ja wohl positiv. Als einzige auf dem Podium hatte Elisabeth Hackstein Alternativen zur jetzigen finanzschwachen Lage der BEB ausgearbeitet. Nicht etwa die allseits beschworene Privatisierung des Entsorgungsbetriebes sei die sinnvollste Lösung. Möglich sei auch eine ausgegliederte Gesellschaft, die für die BEB Aufträge an Land zieht. Etwa für den „vorbildlichen Klärschlamm“. Hackstein erinnerte auch daran, daß de facto Bremens BürgerInnen in diesem Jahr 10 Millionen Mark weniger Gebühren bezahlen. „Dolchstoßlegenden“ – wie von der CDU über die Grünen verbreitet – werde sie daher „nicht zulassen“.

Dem designierten Umwelt-Staatsrat, Fritz Logemann, kommen die Fachausdrücke zum Thema Müll noch etwas schwer über die Lippen. Zwei Lösungen für die wirtschaftliche Lage der BEB hat er dennoch bereit: „Wir müssen großräumiger denken“, sagte er. Bremen müsse Müll aus dem Umland ankarren, um die jährlich fehlenden 60.000 Tonnen Abfall in der MVA auszugleichen. Und die MVA müsse nicht wie geplant bis 1997, sondern bis ins Jahr 2005 weiterbetrieben werden.. ufo