„Das ist doch nicht unseriös“

■ „Beratung“ oder: Wie mit der Not verschuldeter Menschen Geld verdient wird

„Überschuldung – wir helfen Ihnen“. So oder ähnlich bieten in Kleinanzeigen private Agenturen verschuldeten Haushalten ihre Hilfe an. Ein verlockendes Angebot für Menschen, die in finanzielle Not geraten sind und nicht mehr weiter wissen. Zur Vorsicht mahnt dagegen der Förderverein Schuldenberatung im Lande Bremen. „Wer mit seinen Schuldenproblemen allein nicht fertig wird, sollte auf keinen Fall auf eine derartige gewerbliche Schuldenregulierung zugehen“, warnt Ulf Groth vom Förderverein. „Armen Schweinen wird noch das Geld aus der Tasche gezogen“, weiß er. Der Grund seiner Warnung: Diese Firmen verlangen für etwas Geld, was jede öffentliche Schuldnerberatungsstelle kostenlos macht. Eine dieser zahlreichen privaten Agenturen ist die Familienvorsorge-Vermittlung (FVV), die, wie Groth berichtet, auch im Bremer und Bremerhavener Umland sowie in Oldenburg in letzter Zeit „ihr Unwesen treibt“. Hartmut Hahn, Geschäftsführer der FVV-Zentrale in Hamburg wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Wir arbeiten nicht kostenlos, das aber ist doch nicht unseriös.“

Mittlerweile melden sich beim Förderverein immer wieder Ratsuchende, die mit der FVV Verträge geschlossen haben. Groth berichtet von einer Frau, die bereits 3.000 DM an die Firma gezahlt haben will. Davon sei keine müde Mark an ihre Gläubiger gegangen. Auf eine schlüssige Erklärung von der Agentur warte die Frau bis heute vergebens.

Das Strickmuster nach dem vorgegangen wird, ist fast immer gleich. Die Agentur tritt an die überschuldeten Bürger heran und verspricht eine Sanierung ihrer Haushalte. Dabei läßt sie sich ihre Tätigkeit teuer bezahlen. Beispiel: Zunächst wird ein Sanierungskonzept aufgestellt. Hierfür verlangt die FVV bei einem angenommenen Schuldenberg von 20.000 DM eine Gebühr von 800 DM. Für Porto und Telefon ist ein weiterer Betrag von 250 DM fällig. Zusätzlich ist noch eine jährliche Verwaltungsgebühr von 60 DM zu zahlen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Schuldner nur bezahlt ohne seine Schulden abzutragen. Für die Schuldenreduzierung verlangt die FVV noch einmal Geld, nämlich 10 Prozent vom abgetragenen Betrag. Wurden also von den angenommenen 20.000 DM Schulden 10.000 DM getilgt, sind weitere 1000 DM an die FVV zu entrichten. „Häufig werden die Überschuldungsprobleme der Ratsuchenden, dadurch noch vergrößert“, hat Ulf Groth festgestellt. Doch damit nicht genug. Auch ein Rechtsanwalt, der die Vorgänge bearbeitet, will bezahlt sein. Diesen hat in der Vergangenheit die FVV vermittelt und zwar „immer denselben“, wie Ulf Groth inzwischen weiß . Diese Art der Schuldenregulierung ist nach Ansicht des Fördervereins nicht nur teuer, sondern auch rechtswidrig. Auf Betreiben der Verbraucher-Zentrale Hamburg habe das Landgericht Hamburg schon vor zwei Jahren die Tätigkeit der FVV als unerlaubte Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und damit als Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bezeichnet. Der FVV sei damals verboten worden, derartige Schuldenregulierung vorzunehmen. „Dies ist nicht richtig“, behauptet FVV-Geschäftsführer Hahn. „Uns ist lediglich untersagt worden bestimmte Vertragsformulare zu verwenden, in denen wir uns gegen Entgelt zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes anbieten und mit dem Rechtsanwalt als Einheit auftreten.“

Unterdessen agiert sein Unternehmen munter weiter. Denn das Geschäft lohnt sich. Nach Schätzungen des Fördervereins Schuldenberatung sind im Land Bremen etwa 5 Prozent aller privaten Haushalte überschuldet, Tendenz steigend. Die Folge: Die öffentlichen Schuldnerberatungsstellen sind dem Ansturm der Ratsuchenden oftmals nicht gewachsen. Wartezeiten müssen in Kauf genommen werden. Dennoch rät Ulf Groth: „Hände weg von den gewerblichen Agenturen. re

Wer bereits Verträge mit der FVV abgeschlossen hat und sich übervorteilt fühlt, kann sich an den Förderverein Schuldenberatung, Neidenburgerstraße 15, 28207 Bremen wenden.