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Hessen ringt um Umweltämter

Bündnisgrüne fordern Reform der hessischen Umweltverwaltung. Staatssekretär Barke will heute abend in Frankfurt Probleme mit ParteifreundInnen klären. Jeder will die Zuständigkeit  ■ Von Christian Rath

Berlin (taz) – Durch eine Reform der Umweltverwaltung will der hessische Umweltstaatssekretär Rainer Barke (Bündnis 90/Die Grünen) mehr ökologische Schlagkraft erreichen. Denn manche Ineffizienz der Umweltverwaltung sei hausgemacht. Barkes Musterbeispiel ist die Wasserwirtschaftsverwaltung. Wenn etwa ein Betrieb Abwässer in die Kanalisation einleiten will, dann benötigt er dafür eine Genehmigung der unteren Wasserbehörde, die in Hessen bei den Landkreisen sitzt. Diese besteht jedoch nur aus JuristInnen und Verwaltungsangestellten. Für die Beurteilung, ob das Abwasser gefährlich ist und deshalb vielleicht vorgeklärt werden müßte, benötigt man dagegen ChemikerInnen und BiologInnen. Diese sitzen aber in einer anderen Behörde, dem Wasserwirtschaftsamt. Also wird die Akte hin und her geschickt und letztlich mehrmals bearbeitet. „Hier wird knappe Verwaltungskapazität vertan“, findet man im hessischen Umweltministerium.

Barkes Plan: In Hessen soll es künftig einheitliche Umweltämter geben, die nicht nur die Wasserwirtschaftsverwaltung zusammenfassen, sondern auch für Abfall, Altlasten, Gentechnik, Immissions- und Strahlenschutz zuständig sein sollen. Damit greift das bündnisgrüne Vorzeigeministerium eine Forderung auf, mit der die Ökopartei im Frühjahr in die Landtagswahlen gezogen war.

Eigentlich paßt Barkes Plan zum Zeitgeist, denn Effizienzsteigerung durch Verwaltungsreform fordert heute alle Welt. Dennoch gelang es dem Staatssekretär im Frühjahr nicht, sein Modell in den hessischen Koalitionsvereinbarungen festzuschreiben. Im Ziel – Bündelung der Umweltverwaltung – ist man sich zwar einig, doch bei der Ausgestaltung gibt es noch heftigen Streit, nicht nur mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner, sondern auch in der eigenen Partei.

Heute abend wird Barke bei einer parteiinternen Veranstaltung in Frankfurt versuchen, zumindest seine ParteifreundInnen zu überzeugen. Nur wenn die Grünen an einem Strang ziehen, hat Barke Chancen, sich im Kabinett durchzusetzen.

Probleme macht Barke zum einen das SPD-geführte Innenministerium unter Gerhard Bökel. Dort will man die Umweltverwaltung möglichst vollständig bei den 26 Landkreisen und kreisfreien Städten ansiedeln. „Das ist bürgernah und schafft eine gute Zusammenarbeit mit anderen Verwaltungen, etwa der Bauaufsicht“, erklärt Bökels Sprecher Gerd-Uwe Mende. Barke dagegen möchte nur acht Umweltämter einrichten. „Um eine gewisse Spezialisierung zu gewährleisten, brauchen wir mindestens 200 Mitarbeiter pro Behörde. Deshalb kann nicht jeder Kreis ein Umweltamt haben.“

Gegner hat Barke auch in vielen größeren Städten. Sie haben eigene Umweltämter eingerichtet und fürchten, daß durch die Reformpläne „bereits erzielte Fortschritte wieder vernichtet“ werden, wie es in einem Positionspapier heißt, das pikanterweise auch von bündnisgrünen Umweltdezerneten wie Tom Koenigs (Frankfurt) und Michael Siebert (Darmstadt) unterzeichnet wurde.

Bedenken gegen die Reform hat auch Hartmut Bäumer, bündnisgrüner Chef des Regierungspräsidiums in Gießen. Ihn stört, daß die Umweltabteilungen der drei Regierungspräsidien in die neuen Umweltämter eingegliedert werden sollen. „Es ist doch nicht effizient, wenn jeder Streit zwischen einem Umweltamt und einer anderen Behörde sofort auf Ministeriumsebene ausgetragen wird“, warnt er und plädiert für einen dreistufigen Aufbau der Umweltverwaltung – inklusive der „ganzheitlichen“ Regierungspräsidien.

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