: Blümchenhauptstadt ohne Techno?
■ Im Streit um den Mietvertrag des Techno-Clubs „E-Werk“ schieben Betreiber und Vermieter sich die Schuld zu
Der Streit um das E-Werk geht weiter, die Beschuldigungen werden schwerer: Während das „E-Werk“ seinem Vermieter, der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG) vorwirft, den Techno-Club in den Ruin zu treiben, bezeichnet die TLG die Kritik ihrerseits als „haltlos“.
„Die Räumungsklage muß vom Tisch und die Terrormiete gesenkt werden“, forderte gestern Ralf Regitz vom E-Werk auf einer Pressekonferenz. Seit März bezahlt der größte Techno-Club Berlins für die heruntergekommene Umspannwerk in der Wilhelmstraße 26.033 Mark Miete. Allein die Haupthalle kostet über 20.000 Mark – das ist ein Quadratmeterpreis von rund 50 Mark.
Die TLG verweist dagegen auf angeblich ausstehende Zahlungen des E-Werks, die sich auf über 210.000 Mark addieren, was allerdings vom E-Werk bestritten wird. Außerdem seien Großveranstaltungen in dem Gebäude baurechtlich nicht zulässig.
Im Juni hatte die mit der Hausverwaltung beauftragte „Treuhandstelle BBT“ der E-Werk- Crew die Räumungsklage zugeschickt. Die Betreiber des E-Werks befürchten, daß ein Konkurrent bereit wäre, erheblich mehr Miete zu zahlen, oder daß im künftigen Regierungsviertel der „Blümchenhauptstadt“ eine Technoszene unerwünscht sei. Sie hoffen trotzdem, sich noch mit der TLG einigen zu können und von der Bewag, die einen Restitutionsanspruch auf das Gebäude gestellt hat, einen Mietvertrag bis mindestens Mitte kommenden Jahres zu erhalten. Für Mitte September ist der erste Termin in dieser Sache vor dem Landgericht anberaumt.
Das E-Werk ist der beliebteste Techno-Club Deutschlands – das ergab die Umfrage eines Zigarettenkonzerns unter 33.000 Ravern. SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer findet den Konflikt „außerordentlich bedauerlich“, Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) hält den Veranstaltungsort für „außerordentlich wünschenswert“, während Albert Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) das E-Werk zum „Sehnsuchtsort des Lebensstils fast einer ganzen Generation“ stilisiert. Allerdings ist das E-Werk in der Szene nicht unumstritten – es gilt als kommerzialisiert. Die 19jährige „Sis Carol“ hat als erfahrene Clubgängerin nur einen Kommentar für das E-Werk übrig: „Die Türsteher sind widerliche Machos, der Eintritt zu hoch, das Bier zu teuer.“ Ole Schulz
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