: „Weil er eben Gerhard Schröder ist“
■ Die niedersächsischen SPD-Genossen stehen trotz der Bonner „Degradierung“ voll hinter ihrem Frontmann
Allzu gerne suchte er das Gespräch mit den Bossen. Wird Gerhard Schröder nun wieder bei niedersächsischen Mittelständlern antichambrieren müssen? Die niedersächsischen Grünen sahen Schröder gestern schon „auf sein Normalformat zurückgestutzt“. Gemeinsam mit den sommerlichen Temperaturen sei auch „der Rambo des diesjährigen Sommertheaters abgestürzt“, höhnte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Andrea Hoops.
Die niedersächsischen SPD-Genossen allerdings stehen weiter treu zu ihrem Frontmann: „Die Bosse werden auch künftig seinen Kontakt suchen, weil er eben Gerhard Schröder ist, einer der profiliertesten Politiker dieser Republik“, meinte gestern Wolfgang Jüttner, Vorsitzender des mit Abstand größten niedersächsischen SPD-Bezirks.
Der Landtagsabgeordnete Jüttner hatte seinen Ministerpräsidenten schon vor Monaten aufgefordert, auf „eine bestimmte Form der One-man-show“ zu verzichten. „Die Parteimitglieder sind es leid, vor Ort zu rackern, wenn die Parteiführung gleichzeitig die sozialdemokratische Grundtugend der Solidarität vermissen läßt“, kritisierte Jüttner auch gestern noch den Führungsstreit.
Rudolf Scharpings Reaktion auf Schröders jüngste Äußerungen hält er allerdings für „unangemessen und überzogen“. Sie spitze den Führungsstreit nur noch weiter zu. Von einer Degradierung Gerhard Schröders kann für Jüttner keine Rede sein: „Was ist das schon? Wirtschaftspolitischer Sprecher von Rudolf Scharping.“
Auch wenn es in den Reihen der niedersächsischen SPD immer wieder Unmut über die Selbstherrlichkeit des Landesvorsitzenden gibt – die dortigen Genossen sind bisher auf Gedeih und Verderb an Schröder gebunden. Einen Konkurrenten im eigenen Landesverband hat Schröder längst nicht mehr. Seine bisher unbestrittene Popularität ist für die niedersächsischen Sozialdemokraten bei kommenden Wahlen überlebenswichtig.
Wolfgang Jüttner gibt denn auch vor allem Rudolf Scharping die Schuld an den parteiinternen Querelen: „Von einem Parteivorsitzenden muß man mehr Souveränität verlangen.“ Bei Scharping fehle es an der nötigen Integrations- und Führungsleistung. Profilierte Sozialdemokraten wie Gerhard Schröder müßten eingebunden werden. Das aber habe Rudolf Scharping nicht geleistet, sondern statt dessen die Auseinandersetzung mit seinem Konkurrenten nur weiter verschärft. „Der Kanzlerkandidat der SPD“ wird im übrigen auch für den Bezirksvorsitzenden Wolfgang Jüttner „erst 1998 bestimmt“. Jürgen Voges, Hannover
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