: Kein Glück mit dem Glücksspiel
Die umstrittenen Spielbanklizenzen in Mecklenburg-Vorpommern werden vorerst nicht vergeben. SPD und PDS halten an Forderung nach Untersuchungsausschuß fest ■ Von Christoph Seils
Eigentlich war der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Rudi Geil, gestern morgen vor den Innenausschuß des Schweriner Landtages getreten, um alle Zweifel an der umstrittenen Vergabe von Spielbanklizenzen auszuräumen. Doch es kam anders: Die Sitzung des Innenausschusses zog sich bis in den Nachmittag hin und langsam sickerte durch, daß zumindest vorläufig überhaupt keine Lizenzen vergeben werden. Denn das Schweriner Innenministerium hatte die Lizenzvergabe schlampig vorbereitet.
Sechs Spielbanken will sich das dünnbesiedelte Bundesland zulegen. Nach zweijähriger „intensiver Prüfung“ hatte Innenminister Geil dem Kabinett zwei Gesellschaften als Lizenznehmer präsentiert. So sollte die „Spielbankgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern“ vier Spielbanken betreiben dürfen und die „Modern Games Casino GmbH“ zwei. Beim Koalitionspartner SPD sowie bei der einzigen Oppositionspartei PDS war diese Auswahl auf heftige Kritik gestoßen und hatte beide Parteien gemeinsam nach einem Untersuchungsausschuß rufen lassen. Die Liste der Vorwürfe ist lang.
So soll der Schweriner Bauunternehmer Rolf Kappel, der als Gesellschafter der „Spielbankgesellschaft“ im Gespräch ist, die Landes-CDU sowie die vom CDU-Ministerpräsidenten Berndt Seite geführte Staatskanzlei im letzten Jahr großzügig mit zwei Spenden in Höhe von insgesamt 90.000 Mark bedacht haben. Geil will davon nichts gewußt haben.
Geil hätte allerdings wissen müssen, daß die Spielbankgesellschaft aus juristischen Gründen als Spielbankbetreiberin überhaupt nicht in Betracht kommt. Denn sie ist eine GmbH & Co KG und als solche laut mecklenburg-vorpommerschem Spielbankgesetz zum Betrieb von Spielbanken gar nicht berechtigt.
Auch Schwerins Osteuropa- Connection, so mußte Geil vor dem Innenauschuß einräumen, ist vorläufig geplatzt. Am Donnerstag abend war dem Innenministerium bei einer letzten Prüfung aufgefallen, daß die „Modern Games“ gesellschaftsrechtliche Veränderungen vorgenommen hatte, ohne dies, wie vorgeschrieben, dem Schweriner Innenministerium mitzuteilen. Die „Modern Games“ war in die Kritik geraten, weil sie bislang lediglich in Minsk und Moskau zwei Spielcasinos betreibt. Da läge der Verdacht nahe, unkte die SPD, daß die Spielbanken lediglich zum Zwecke der Geldwäsche eröffnet würden. Mit sechs Spielbanken gäbe es in Mecklenburg-Vorpommern doppelt so viele Spielbanken wie in dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Glückspielexperten bezweifeln, daß bei einer Einwohnerzahl von 1,8 Millionen sechs Spielcasinos rentabel betrieben werden können.
Doch auch nach dem vorläufigen Rückzieher des Schweriner Innenministers will die PDS an ihrer Forderung nach einem Untersuchungsausschuß zur Spielbankaffäre festhalten. Es gibt eine Menge Fragen aufzuklären, so der innenpolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Gert Böttcher. Auch die vielen anderen Skandale und Skandälchen, die sich das Schweriner Innenministerium in den vergangenen Jahren geleistet habe, will die PDS mit untersuchen lassen. Die SPD-Fraktion will nach Auskunft ihres Sprechers Julius Geise die PDS bei ihrer Forderung nach einem Untersuchungsausschuß weiter unterstützen. Allerdings möchte die SPD bei der Formulierung des Untersuchungsauftrages ein Wörtchen mitreden und nach Möglichkeit auch die CDU für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gewinnen.
Darüber hinaus will der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Timm, in der Koalition auf die Änderung des Spielbankgesetzes drängen, damit sich auch das Land an einer Spielbankgesellschaft beteiligen kann. Daß an dem Streit um die Vergabe der Spielbanklizenzen die Koalition zerbrechen könnte, hält Sprecher Geise für abwegig. Es handele sich um einen „üblichen Krach zwischen Partnern“, die nicht eine Liebesheirat in die gemeinsame Koalition getrieben habe.
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