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Greenpeace steht voll aufm Schlauch

■ Auch nach dem Entern von zweien seiner Schiffe und der Zerstörung der Schlauchboote will Greenpeace den Protest vor Moruroa nicht aufgeben – das nächste Protestschiff ist schon vor dem Atom-Atoll angekommen

Papeete/Berlin (taz/AFP) – Die Atomtestgegner geben nicht auf: Trotz der gewaltsamen Kaperung zweier Greenpeace- Schiffe durch Frankreich geht der Widerstand gegen die geplanten Tests auf dem Moruroa-Atoll weiter. Schon am Samstag traf ein weiteres Greenpeace-Schiff vor dem militärischen Sperrgebiet ein, die „Manutea“ aus San Francisco.

Mit einer großen Demonstration auf Tahiti erreichte die internationale Kampagne gegen die Atomwaffenversuche einen neuen Höhepunkt. Tausende verlangten in der Hauptstadt Papeete von der französischen Regierung, auf die Wiederaufnahme der Atomwaffenversuche zu verzichten. An dem Protestmarsch beteiligten sich rund 100 Parlamentarier aus Europa, Australien, Neuseeland und Japan. „Es ist noch nicht zu spät für Präsident Chirac, die Atomtests zu stoppen“, sagte der japanische Finanzminister Masayoshi Takemura. Auch in Tokio und in Sydney gingen mehrere zehntausend Menschen gegen Chiracs Testpläne auf die Straße. Greenpeace rief zu einer Protestdemonstration in Paris auf, die am Tag nach der Atombombenexplosion stattfinden soll.

Von einer Niederlage angesichts des Aufbringens zweier ihrer Schiffe mochte der Greenpece-Chef in Papeete/Tahiti, Thomas Schultz-Jagow, nicht sprechen: „Es war doch völlig klar, daß Greenpeace nicht gegen eine Kriegsmarine anstänkern kann.“ Falls die Gerüchte über einen geplanten Test am vergangenen Freitag jedoch gestimmt hätten, „haben wir das verhindert“, so Schultz-Jagow. Möglicherweise ist die Bombe jedoch auch wegen einer diplomatischen Intervention der USA noch nicht explodiert. Präsident Bill Clinton hatte Frankreich darum gebeten, mit den Tests nicht während seines Wochenendaufenthalts auf Hawaii zu beginnen. Der US-Präsident nahm dort an Feierlichkeiten anläßlich der Beendigung des Zweiten Weltkriegs teil.

Der französische Verteidigungsminister Charles Millon rechtfertigte den Marineeinsatz gegen die Greenpeace-Schiffe. Die Umweltschutzorganisation hätte einen „kleinen Krieg“ führen wollen, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zu lenken. Die gekaperten Greenpeace-Schiffe Rainbow Warrior II und MV Greenpeace würden zu dem 600 Kilometer entfernten Hao-Atoll geschleppt. 22 vorübergehend festgenommene Greenpeace-Aktivisten und Journalisten wurden von Bord der Rainbow Warrior II gebracht und nach Papeete geflogen. Die französische Marine habe ihnen die Lektion erteilt, daß sie zwar demonstrieren, nicht aber die französischen Gesetze und das Völkerrecht verletzen dürften, sagte der Verteidigungsminister. Zugleich verlangte er mehr Solidarität von den EU- Partnerländern.

Nach Angaben aus französischen Militärkreisen sollen mehrere der festgenommenen Greenpeacler angeklagt werden. Sie waren in Handschellen nach Papeete überführt worden, die gekaperten Schlauchboote wurden von den Militärs zerschlitzt und versenkt. Die Umweltorganisation verlangte die sofortige Freigabe der Schiffe und kündigte ihrerseits eine mögliche Klage wegen Piraterie an – die MV Greenpeace war im Unterschied zur Rainbow Warrior nicht in die Zwölfmeilenzone um das Atoll eingedrungen. Der australische Außenminister Gareth Evans kündigte deswegen am Sonntag eine juristische Untersuchung an. Die niederländische Regierung ersuchte offiziell um Erläuterung, wie und warum die beiden unter niederländischer Flagge fahrenden Greenpeace-Schiffe geentert wurden.

Der Bundestag soll sich nach Vorstellungen der SPD gegen die bevorstehenden französischen Atombombentests auf dem Moruroa-Atoll im Südpazifik wenden. Der SPD-Umweltpolitiker Michael Müller forderte gestern in Bonn die anderen Fraktionen auf, einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion bereits morgen auf die Tagesordnung zu setzen. klh Tagesthema Seite 3

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