: Die treuen Dealer des Staates
■ Niederländische Polizisten sollen 400.000 Kilo Drogen eingeschleust und auf den europäischen Markt gebracht haben
Den Haag/Berlin (dpa/taz) – Die niederländische Polizei hat offensichtlich in den vergangenen Jahren rund 400.000 Kilogramm Drogen eingeführt. Das berichtete gestern die in Rotterdam erscheinende Tageszeitung Algemeen Dagblad. Die Hälfte der Ware soll von V-Männern im Distrikt Haarlem bei Amsterdam auf den Markt gebracht oder in andere Länder ausgeführt worden sein. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf vertrauliche Äußerungen, die die Justizministerin Winnie Sorgdrager vor zwei Wochen gegenüber dem Polizeipräsidenten des Landes gemacht haben soll. Ein Sprecher des Justizministeriums in Den Haag wollte diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren.
Nach Angaben des Algemeen Dagblad erhoffte sich die Polizei von der Aktion, daß ihre Informanten durch das Mitmischen beim internationalen Drogenhandel bis in die höchsten Kreise der Drogenwelt vordringen würden. Auf die Frage, in welchem Umfang in Haarlem und Rotterdam unter Polizeiregie Drogen eingeführt worden seien, soll die Ministerin gesagt haben: „Das reicht ungefähr aus, um den europäischen Markt ein Jahr lang mit Drogen zu versorgen.“ Dieses Zitat wurde von dem Sprecher des Ministeriums jedoch dementiert.
Ministerin Sorgdrager hätte allen Grund, die Machenschaften der niederländischen Polizei genauer zu durchleuchten. Spätestens seit dem vergangenen Jahr gilt es als Binsenweisheit, daß die niederländische Polizei gesetzliche Grenzen nicht allzu ernst nimmt. Damals hatte Sorgdragers Vorgänger Ernst Hirsch Ballin zusammen mit Innenminister Ed van Thijn nach massiven Korruptionsvorwürfen gegen eine Spezialeinheit der Amsterdamer Polizei zurücktreten müssen. Beamte der Einheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität waren unter Verdacht geraten, Haschischhändler nicht nur angeworben, sondern auch zum Kokainschmuggel überredet zu haben – um anschließend den Ring auffliegen zu lassen und höhere Gefängnisstrafen verhängen zu können, als sie für Haschischhandel üblich sind. jgo
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