Rudolf Hickel an Ulrich Nölle: „Sanierung scheitert“
■ Ökonomie-Professor antwortet auf „mutiges“ Eingeständnis Nölles
Der Bremer Finanzsenator Ulrich Nölle hat gestern Post aus der Uni bekommen. Wirtschafts-Professor Rudolf Hickel hat dem CDU-Finanzmann seine Hochachtung versichert. „Ihr Mut zur finanzpolitischen Klarstellung und damit auch zur Korrektur eigener Aussagen im Wahlkampf finde ich anerkennenswert“, schreibt Hickel.
Nölle hatte in einem Weser-Kurier-Interview angekündigt, daß er dem Kanzler bei seinem Besuch in Bonn erklären werde, daß Bremen mit den gewährten 10 Milliarden Mark nicht zu sanieren sei. „Damit wenden Sie sich erfreulicherweise gegen eine finanzpolitische Illusion, die seit der Unterzeichnung der Vereinbarung zur Teilentschuldung ... durch die Politik krampfhaft gehegt wurde“, freut sich Hickel. Der Bremer Senat hat sich mit diesem Thema noch nicht offiziell befaßt.
Dauerhaft helfen, sagt nun der Professor, würde nur eine Erhöhung der „Einwohnerwertung“ Bremens im Länderfinanzausgleich, dies aber sei „politisch nicht durchsetzbar“. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte diese Bremer Forderung nicht anerkannt. So aber stehe das derzeitige Konzept „Haushaltssanierung plus Sonderinvestitionsprogramm (ISP) auf tönernen Füßen.
Nölle hatte das bisher nicht so gesehen, sondern versprochen, 600 Millionen jedes Jahr in die effektive Schuldentilgung zu stecken – und nicht nur 300 Mio., wie es die SPD-Finanzpolitiker anstrebten. „Dieses ehrgeizige Ziel“, schreibt Hickel, „das sage ich voraus, werden Sie in keinem der kommenden vier Jahre erreichen.“
Nölle sei den ersten Schritt zu Finanzklarheit gegangen, da könne er auch den zweiten tun und dem Kanzler erklären, daß Bremen ganz auf effektive Entschuldungen verzichten müsse. Sinnvoller sei, so Hickel, die Einsparungen als „Reformdividende“ für Zukunftsprojekte zu nutzen. „Jetzt bedarf es des Mutes, die bisher ausgehandelten Rahmenbedingungen zum Sanierungsprogramm zu revidieren.“
K.W.
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