piwik no script img

Arbeiten mit Lust

■ Einem Bremer Studenten reicht das Bafög nicht – er besucht Frauen und kassiert

Mit festem Händedruck verabschiedet sich der junge Mann. „Gibt es für dieses Gespräch eigentlich auch ein kleines Taschengeld“, fragt er mit einem verschmitzten Lächeln. „Nein, grundsätzlich nicht.“ „Macht nichts. Mir geht's ja auch nicht ums Geld“, sagt er und verläßt augenzwinkernd die Redaktion. Seine Anzeige in der Stadtillustrierten liest sich allerdings anders: „Das Bafög reicht nicht! Attraktiver Student besucht nette Damen gegen Taschengeld.“

„Die Idee kam mir beim Durchblättern der Kontaktanzeigen“, erzählt Peter. Das ist natürlich nicht sein richtiger Name. Ob er tatsächlich Elektrotechnik studiert und 29 Jahre alt ist, bleibt ebenfalls sein Geheimnis. „Ich will nämlich auf jeden Fall anonym bleiben“, sagt Peter und schlägt einen fast verschwörerischen Ton an. Am linken Mittelfinger blitzt verräterisch ein goldener Ring. Verlobt? „Oh“, rutscht es ihm raus. Schnell legt Peter seine rechte Hand über die linke und verdeckt den Ring. „Tja, ich habe eine feste Freundin. Sie ahnt nichts.“

Seit einem halben Jahr führt Peter „ein Doppelleben“ – wie er es nennt. Tagsüber jobbt er in einem Institut an der Uni – abends trifft er sich mit den „netten Damen“, die sich auf seine Anzeige gemeldet haben. „Aber mehr als eine Frau pro Woche würde ich nicht annehmen“, plaudert er über seinen Terminkalender. „Ich bin schließlich kein Professioneller, und den Spaß an der Sache will ich mir nicht verderben.“

Und Spaß hat er, Potenzprobleme kennt er nicht – erzählt Peter: „Ich habe bisher noch keine Frau getroffen, mit der ich nicht auch so geschlafen hätte“, grinst er. „Mich reizt auch mehr die Abwechslung, nicht das Geld.“ Und abwechslungsreich ist sein Job auch: Einmal hat ihn eine Frauen-WG als Geschenk zum 30sten Geburtstag ihrer Mitbewohnerin gebucht. „Um Punkt 12 Uhr lag ich im Bett, und sie kam rein“, schildert Peter seinen Auftritt. 180 Mark war den Damen der Spaß wert. „Aber ich lege keinen Preis fest. Wenn es gut war, können die Frauen mehr zahlen. Wenn nicht, dann eben weniger.“ 30 bis 200 Mark haben ihm seine Kundinnen bisher in die Hand gedrückt. „Die Frau, die mir nur 30 Mark gegeben hat, war aber nicht unzufrieden“, betont Peter sogleich. „Sie hat es sich nur anders überlegt.“

Das kommt eher selten vor. Meist wissen die Damen, „was sie wollen“, weiß Peter aus Erfahrung. „Eine Lehrerin, die so um die 35 Jahre alt war, hatte gerade eine Beziehung hinter sich. Sie wollte keinen neuen Freund, aber Sex. Sie hat gesagt, es sei aufregend, einen Mann zu kaufen. Und für mich war es auch aufregend.“ Wie eine männliche Hure fühlt sich Peter nicht. „Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: Es ist so eine Art Nervenkitzel. Nur manchmal fühle ich mich danach schlecht und denke, das machst Du nie wieder. Aber dann überwiegt wieder dieser Reiz, und ich gebe eine Anzeige auf.“ Sein schlimmstes Erlebnis? „Einmal hab' ich mich mit so einer Frau getroffen, ich glaube, die war Hausfrau. Die hat ihren Mann mit mir betrogen. Hinterher hatte sie ein schlechtes Gewissen. 150 Mark hat sie mir gegeben, aber kaum was gesagt. Das war nicht so gut.“

Und Aids? „Grundsätzlich nur mit Gummi“, antwortet Peter knapp und verschränkt die Arme plötzlich wie einen Schutzwall vor der Brust. Und wenn ihm jemand 500 Mark bieten würde. „Hmmm“, überlegt der Student einen Moment. „500 Mark sind natürlich eine Menge Geld. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich da nicht schwach werden würde.“ Also doch das Geld? „Nein, nein. Ich finde, es ist eine prima Möglichkeit Spaß zu haben. Das Geld ist ein positiver Nebeneffekt.“

In einem Jahr will Peter aufhören. „Wenn ich mit dem Studium fertig bin, brauche ich ja auch das Geld nicht mehr.“ Wie bitte? Das ist doch ein Widerspruch? „Naja, ähm, Geld ist zwar nicht alles, aber es ist schon ganz schön. Wenn ich richtig verdiene, ist aber Schluß.“ „Ich will nicht den Eindruck erwecken, daß ich für Geld alles mache“, schiebt Peter nach. „Mit Männern würde ich nie ... ähm. Die können so viel zahlen was sie wollen.“ Neulich hat sich allerdings ein Mann gemeldet, „das klang ganz gut“. „Der will seiner Frau zum ersten Hochzeitstag einen Liebhaber schenken“, verrät Peter. „Die wünscht sich nichts sehnlicher als mal mit zwei Männern... Und das werde ich wohl machen. Wird bestimmt witzig. Und die sind bestimmt auch nicht knauserig.“ kes

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen