piwik no script img

Ungebetener Besuch von Scientology

■ Gerichtsvollzieher und Polizei durchsuchten Amsterdamer Internet-Anbieter / Sekte will Copyright-Honorare

Berlin (taz) – Die Mitarbeiter des Internet-Dienstleisters „XS4ALL“ staunten nicht schlecht: Am Dienstag mittag kamen Gerichtsvollzieher, Polizisten, Schlüsseldienst und – zwei Mitarbeiter der Scientology Church aus den USA samt ihrem niederländischen Anwalt zu Besuch. Der Gerichtsvollzieher sollte den Besitzstand der Firma aufnehmen, den Scientology als Sicherheit für Schadenersatzansprüche reklamiert. Als offizieller Grund des Auftritts wurde ein „Anonymous Remailer“ genannt. Das System, das weltweites Verbreiten von Nachrichten ohne Benutzernamen gestattet, soll in kritischen Nachrichten Scientology-Dokumente zitiert haben, deren Copyright die Sekte beansprucht. „Die Szene hier war aber ganz merkwürdig“, berichtet ein Mitarbeiter von XS4ALL, „es ging überhaupt nicht um den Remailer, Sie wollten plötzlich etwas ganz anderes. Einer unserer Kunden hat Scientology- Informationen bereitgehalten. Die Sektenvertreter haben angeboten, jede Verfolgung einzustellen, wenn wir diese Seite löschen.“

Nach übereinstimmender Rechtsauffassung aller Anbieter von Internet-Dienstleistungen ist für den Inhalt eines Informationsangebotes jedoch allein der Kunde verantwortlich. „Scientology will die Dienstleister dazu erpressen, daß sie ihre Kunden zensieren“, vermutet der XS4ALL-Mitarbeiter. Hans-Joachim Zierke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen