Ein Biest kämpft für Mitgefühl

■ Berühmt wurde Adam Yauch als Mitglied der weißen HipHop-Band "Beastie Boys" mit Exzessen und frauenfeindlichen Texten. Heute tritt er geläutert neben dem Dalai Lama auf

Vor fast zehn Jahren zerlegten die Beastie Boys mit Vorliebe Hotelbars. Auf ihrem Debütalbum, „Licensed to ill“, 1986 wurde gesoffen, geschossen und gegen Frauen gehetzt. Das wichtigste Anliegen der drei New Yorker Rapper Mike Diamond, Adam Horovitz und Adam Yauch war damals, ihr Recht auf eine gute Party zu verteidigen („You gotta fight for your right to party“). Acht Millionen Menschen kauften den musikalischen Amoklauf. Die Beastie Boys wurden reich und die erste erfolgreiche weiße HipHop-Band. Heute sind die Biester geläutert. Sie haben sich ein Geschäftsimperium mit eigener Plattenfirma und Boutiquenkette aufgebaut. Horovitz und Diamond sind verheiratet und stolze Besitzer eines Eigenheimes. Yauch ist Mitgründer des „Milerpa Fund“ – einer Organisation, die sich für die Förderung „des universellen Mitgefühls im Sinne des Dalai Lama und Martin Luther Kings einsetzt“. Bei der Berliner Friedensuniversität referierte er zusammen mit dem Dalai Lama über das Thema „Mitgefühl durch Musik“.

taz: Vor acht Jahren hatten die Beastie Boys einen gigantischen Penis und halbnackte Mädchen in Käfigen auf der Bühne. Alkohol und Frauen schienen für euch die wichtigsten Dinge in eurem Leben zu sein. Heute setzt du dich für mehr Mitgefühl und Tibet ein. Wie kam es zu dieser Wandlung?

Adam Yauch: Jeder Mensch ändert sich einmal. Leider wurde unsere häßlichste Zeit, in der wir ständig gesoffen haben, am meisten von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Fast alle Menschen durchlaufen in ihrem Leben Phasen, in denen sie sich wie betrunkene Idioten benehmen. Das erfährt bei diesen Leuten nur nicht die ganze Welt.

Auf eurem letzten Album, „Ill Communication“, sind Ausdrücke wie „Motherfucker“ und „Sucker“ zu hören. Drücken diese Wörter für dich Mitgefühl aus?

In einem bestimmten Zusammenhang kann „Motherfucker“ vielleicht auch Mitgefühl ausdrücken. Es wird in den Vereinigten Staaten heute so oft verwendet, daß es schon fast ein normales Wort ist. Außerdem kann das Wort viele verschiedene Bedeutungen haben.

Überhaupt halte ich die Anschauung mancher Leute, man dürfe bestimmte Wörter nicht verwenden, für sehr oberflächlich. Manche Schimpfwörter sind einfach witzig oder drücken eine bestimmte Art von Humor aus. Wenn die Leute darüber lachen können, ist das doch sehr gut. Ich sage einfach das, wozu ich Lust habe. Wer ständig darüber nachdenkt, ob er ein bestimmtes Wort sagen darf oder nicht, hat keinen Spaß mehr.

Früher wart ihr für eure Frauenfeindlichkeit bekannt. Auf „Ill Communication“ ruft ihr zu mehr Respekt ihnen gegenüber auf. Habt ihr in der Zwischenzeit so tolle Frauen kennengelernt?

Nein, wir dachten einfach, das müßte mal gesagt werden. Viele HipHop-Texte waren damals frauenfeindlich. Deshalb haben wir uns auch keinen Kopf darüber gemacht, was wir da singen. Wir wollten einfach nur Spaß haben und dachten, frauenfeindliche Texte wären besonders komisch. Im nachhinein finde ich das peinlich und nicht gerade witzig.

Du hast eine Organisation mitgegründet, die sich für tibetische Flüchtlinge und ein freies Tibet engagiert. Woher kommt dein großer Einsatz für Tibet?

Die Tibeter sind ganz tolle und warmherzige Menschen. Sie arbeiten vielleicht nicht mit den modernsten Technologien und haben nicht die neuesten Autos und Maschinen, aber ihre Art und Weise, wie sie miteinander umgehen, ist umwerfend. In ihren Umgangsformen sind sie eine der hochentwickeltsten Gesellschaften dieses Planeten. Als ich dort war, habe ich gesehen, wie sehr die Tibeter von den Chinesen unterdrückt werden. So habe ich halt beschlossen, eine Organisation zu ihrer Unterstützung zu gründen.

Ihr habt früher dicke Ketten mit VW-Emblem getragen, in Europa haben sich danach Tausende Teenager mit ihnen geschmückt. Tragt ihr sie heute noch manchmal?

Das war doch ein Gag, Damals rannten viele mit dicken Goldketten und Mercedeszeichen herum. Da haben wir uns eben diese Plastik- und VW-Embleme umgehängt. Ich trage die Dinger aber schon lange nicht mehr. Fragen: Jana Simon