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Gurke des Tages

Mit gesenkten Flügeln knien zwei weibliche Engel vor einem Mann. Der läßt unter einem wallenden Porzellangewand die Muskeln spielen. Jesus als Macho? Für eine Ausstellung zum 500jährigen Kirchenjubiläum hat der Schwabacher Pfarrer Gottfried Renner in Privatwohnungen nach „Bildern des Glaubens“ gefahndet. Und dpa schaute schon mal rein. Schmachtende Engel, betende Hände. Plastikrosen hinter dem Engel im Goldgewand, Jesusdarstellungen aus Gips und Porzellan und gut zwei Dutzend Madonnenfiguren: „Wir haben nichts zensiert“, sagt der Schwabacher Pfarrer und exponiert sakrale Blasphemie: Jesus als Ton-Pummelchen auf Mamas Arm neben einem fast ausgemergelten, sehr ernst blickenden geschnitzten Baby. Die Sixtinische Madonna taucht als Postkarte und handbemalte Gipsfigur auf. Lila Halstücher von den Evangelischen Kirchentagen liegen neben der Kutte einer Bruderschaft. Beliebt auch: Der „Nick- Neger“ mit der Gravur „Gedenke der Heidenmission“. Er nickt jedesmal, wenn eine Münze in die Geldkiste unter ihm plumpst. „Afrikaner sind arm, aber fromm“, das lernten Kinder in Bayern noch in den 60er Jahren über diese Figur. Die Äpfel im Paradies hängen in einer der Ton-Skulpturen so hoch, daß Adam seine Eva kräftig hochstemmen muß, damit sie ihm die verbotene Frucht pflücken kann. Erbsünde neu interpretiert. „Aus manchen Häusern hätte ich das Zeug kistenweise schleppen können“, sagt Pfarrer Renner. Zwischen Kitsch und Kunst habe er bei der Sammlung, die bis Ende September in der Schwabacher Stadtkirche zu sehen ist, bewußt nicht unterschieden. Entscheidend sei, ob die Bilder und Skulpturen etwas mit dem Glauben der Leihgeber zu tun hätten. Haben sie allerdings: Am Anfang war das Wort und steht deswegen im Mittelpunkt protestantischer Tradition. Aber „die meisten Menschen tun sich schwer mit dem Glauben ganz ohne Bilder“, urteilt der Theologe.

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