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Frankreich erntet, was es gesät hat

■ Verteidigungsminister fordert Ruhe, Polynesiens Kirche will protestfasten

Nach den Ausschreitungen in Tahitis Hauptstadt Papeete hat Frankreich seine Polizei- und Militäreinheiten verstärkt. Das Verteidigungsministerium in Paris teilte mit, zunächst einmal seien 30 bis 40 Fremdenlegionäre aus dem Versuchsgebiet, dem Moruroa-Atoll, nach Tahiti verlegt worden. Es werde erwogen, weitere Verstärkung aus Frankreich selbst in das Überseegebiet zu fliegen.

Gleichzeitig ließ es sich Verteidigungsminister Charles Millon nicht nehmen, die Atomgegner in Tahiti selbst zu Ruhe und Ordnung zu ermahnen. Die über den jüngsten französischen Atomtest aufgebrachten Bürger in Französisch- Polynesien müßten die öffentliche Ordnung und die Gesetze beachten, forderte Millon gestern im Rundfunksender RCM. Immerhin gab Millon zu, die Unruhen auf dem Flughafen und in der Stadt Papeete seien ein „Ausdruck von Verärgerung“.

Damit bestätigte Millon, was auch Australiens Außenminister Gareth Evans wütend der Presse erklärt hat: Frankreich sei selbst Schuld an den Ausschreitungen in Papeete, die Unruhen seien allein auf die französischen Atomtests zurückzuführen: „Es kann nicht bestritten werden, daß Frankreich mit diesen Protesten geerntet hat, was es gesät hat“, sagte Evans in Canberra. Dem widersprach Frankreichs Überseeminister de Peretti: „Daß sich keiner täuschen läßt: Was in Papeete geschieht, hat nichts mit den Protesten gegen die Atomversuche zu tun.“ Der Präsident der Territorialregierung, Gaston Flosse, verurteilte die Ausschreitungen.

Die Evangelische Kirche in Französisch-Polynesien hat inzwischen für den 20. September zu einem „Tag des Fastens und des Gebets“ aufgerufen. Erneut sei die Region von „Mächten der Zerstörung“ mißbraucht worden, heißt es in einer Erklärung aus Papeete, die das Evangelische Missionswerk in Hamburg gestern veröffentlichte. Die vielen Gebete der Gläubigen und die friedlichen Demonstrationen gegen die Wiederaufnahme der Tests seien von Frankreich vollkommen ignoriert worden. „Der Schrei der Bevölkerung des Pazifik verhallte an der Mauer der Gleichgültigkeit“, beklagt die Kirche.

Ebenfalls gestern haben auf der Weltfrauenkonferenz in Peking skandinavische Parlamentarierinnen gegen Atombombenversuche demonstriert. Bei einem Empfang in der Großen Halle des Volkes übergaben sie einen Brief an Staats- und Parteichef Jiang Zemin. Darin forderten sie China auf, seine Atomtests einzustellen. Das Forum der regierungsunabhängigen Organisationen verurteilte in einer Erklärung alle Atomtests, prangerte dabei jedoch insbesondere Frankreichs Tests als „kolonialistischen und rassistischen Akt“ gegenüber der Bevölkerung in Polynesien an. dpa, rtr, epd

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