: Waffenschmuggel wird zur Chefsache erklärt
■ UN-Kommission soll Aufrüstung der Ruander in Zaire untersuchen
Berlin (taz) – Daß die nach Zaire geflohene ehemalige ruandische Armee sich mit immer mehr Waffen eindeckt, war in den letzten Monaten immer wieder berichtet worden. Das Ausmaß dieser verdeckten Aufrüstung aber war bislang unbekannt. Nun will die UNO Licht ins Dunkel bringen: Eine internationale Kommission, so hat es der UN-Sicherheitsrat in der Nacht zu gestern beschlossen, soll Waffenlieferungen und Ausbildungsprogramme für die in Zaire lebende Ex-Regierungsarmee Ruandas untersuchen. Die Kommission hat drei Monate Zeit, um einen ersten Bericht vorzulegen.
Die Resolution des Sicherheitsrates ist logische Folge der im August verfügten vorläufigen Aussetzung des Waffenembargos gegen Ruanda. Das Embargo war zum Höhepunkt des Völkermordes im Mai 1994 gegen die damaligen Verantwortlichen verhängt worden – aufgehoben wurde es, nachdem längst die frühere Tutsi-Guerillabewegung Ruandische Patriotische Front (RPF) die Regierung übernommen hatte. Mit dem Beschluß, eine Untersuchungskommission einzusetzen, stellt die UNO klar, daß jene Flüchtlingsvertreter in Zaire, die sich als ruandische Exilregierung verstehen, nicht behaupten können, auch für sie gelte kein Embargo mehr.
Der Diskussion im UN-Sicherheitsrat war ein beispielloser Streit zwischen Frankreich und Ruanda vorausgegangen: Am Freitag vergangener Woche sagte Ruandas UNO-Botschafter Manzi Bakuramutsa, Frankreich sollte vor ein internationales Gericht gestellt werden, weil es noch während des Völkermordes die früheren ruandischen Regierungstruppen bewaffnet hätte. Er nahm damit Vorwürfe auf, die ein belgischer UN- Oberst zuvor im britischen BBC- Fernsehen erhoben hatte. Frankreich hat zwar in der ersten Phase des ruandischen Bürgerkrieges zwischen 1990 und 1993 der damaligen ruandischen Armee mit Waffenlieferungen, Beratern und Ausbildern unter die Arme gegriffen; aber nach offizieller Pariser Darstellung wurde all dies 1993 vor der Ankunft der ersten UN-Kontingente eingestellt.
Augenzeugen sehen das anders. Die Menschenrechtsorganisation African Rights berichtet, Goma sei noch während des Völkermordes Umschlagplatz für französische Waffenlieferungen nach Ruanda gewesen. Das britische Fernsehen dokumentierte im Laufe des letzten Jahres mehrfach Rüstungslieferungen privater Waffenhändler in die Flüchtlingslager nach Goma. Amnesty international zufolge wurden dieses Jahr französische Rüstungsgüter, die offiziell für die in den Lagern stationierten zairischen Soldaten bestimmt waren, an die ruandischen Soldaten weitergeleitet. Der französischen Hilfsorganisation „Survie“ zufolge sollen erst im Juni mehrere französische Militärflugzeuge und eine Gruppe von Ausbildern des französischen Geheimdienstes in Zaire gelandet und nach Goma weitergereist sein.
Wie die geplante UN-Kommission solche Berichte bestätigen soll, bleibt jedoch unklar. Denn um die einstimmige Verabschiedung der Resolution zu erreichen, strich der Sicherheitsrat den Passus, der der Kommission die Arbeit in den Flüchtlingslagern auf zairischem Boden gestattet hätte. So werden die Untersucher auf das Wohlwollen des zairischen Staatschefs Mobutu angewiesen sein. Erst vor wenigen Tagen wertete die UN- Flüchtlingskommissarin Sagako Ogata eine Zusage Mobutus, die Bewegungen der ruandischen Milizenführer in seinem Land kontrollieren zu wollen, als Erfolg. Es wird immer deutlicher, daß die UNO mangels eigener Mittel auf Mobutu als Schlüsselfigur bei der Bewältigung der zentralafrikanischen Flüchtlingskrise setzt. Dominic Johnson
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