■ Schwule Bündnispolitik
: Ungleicher Dialog

Ungewöhnliche Bündnisse sind möglich: Britische Lesben und Schwule unterstützten Mitte der achtziger Jahre streikende Bergarbeiter bei ihrem Protest gegen die Schließung von Zechen. Seitdem nimmt jedes Jahr eine Delegation Kumpel an der „Gay Pride“-Demonstration in London teil. In der Bundesrepublik hat es solche Koalitionen noch nicht gegeben. Deshalb ist es begrüßenswert, wenn die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik bei den Grünen jetzt Gemeinsamkeiten mit Immigranten auszuloten versucht.

Doch der offene und kontroverse Austausch, den sich die Veranstalter gewünscht hatten, kam leider nicht zustande. Denn die Immigranten waren bei dem Treffen eine verschwindende Minderheit. Ohnehin waren sie nur als Referenten vertreten. Das Publikum bestand nur aus Schwulen. Vertreter von Berliner Immigranten-Vereinen waren zwar mit einem Brief eingeladen worden, doch bei einem so heiklen Thema hätten die Veranstalter den persönlichen Kontakt suchen müssen. Tragfähige Bündnisse entstehen nicht von heute auf morgen. Ein Anfang ist aber immerhin gemacht.

Wenn schon eine Zusammenarbeit mit den bündnisgrünen Lesben nicht zustande kam, „weil das in so kurzer Zeit nicht zu leisten war“, wie soll da der Brückenschlag zu den Migranten gelingen? Immerhin verlangen die Schwulen von den Migranten nichts Geringeres, als über ein Thema zu reden, über das in ihren Gesellschaften nicht gesprochen wird. Über konkrete Möglichkeiten, sich als Schwuler mit Migranten zu solidarisieren, wurde gar nicht diskutiert.

Da ist die Debatte bei den Lesben- und Frauenprojekten sehr viel weiter: Hier wird zum Beispiel ein Teil der Arbeitsplätze gezielt mit Migrantinnen besetzt. Auch die Diskussion um Rassismus in der Lesbenszene wird seit langem geführt. Dorothee Winden