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Unterm Strich

Es hat ein bißchen gedauert, aber nun hat auch Birgit Breuel, die ehemalige Präsidentin der Treuhandanstalt, ihren Grass gelesen. Das Urteil über „Ein weites Feld“ hätte man eigentlich erahnen können: Thema verfehlt. Breuel wirft dem Schriftsteller vor, er verbreite in seinem neuen Roman Klischees über die bis vor Jahresfrist mit dem Verkauf ostdeutscher Betriebe beauftragte Behörde. In einem Interview des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ kritisierte Breuel die Darstellungen der Berliner Anstalt in dem Roman über die Wiedervereinigung als „alte Legenden und Abziehbilder“. Als ungeheuerlich bezeichnete Breuel die Äußerungen des Schriftstellers über die Ermordung ihres Vorgängers Detlev Karsten Rohwedder. „Ich bin wie viele mit großen Erwartungen an das Buch eines großen Schriftstellers herangegangen“, sagte Breuel in dem Interview. Doch die Beschreibungen der Treuhandanstalt habe sie enttäuscht. „Plattmachen, abwickeln, Arbeitsplatz vernichten: Das ist Klischee, das ist nicht Wirklichkeit“, sagte Breuel, die die Bundesanstalt von 1991 bis 1994 geleitet hatte. Besonders gestört fühle sie sich aber durch die „unglaublich einfältigen und banalen Sätze“ über die Treuhandanstalt, die Grass in Interviews nach dem Erscheinen des Buches Ende August verbreitet habe. Seine Vorwürfe, die Treuhand habe lediglich die „Drecksarbeit“ im Auftrag der Bundesregierung verrichtet, wies Breuel entschieden zurück. „Die Übergangszeit war unglaublich hart für die Menschen“, sagte sie, „Herr Grass arbeitet das nicht auf.“ Laut „Spiegel“ hatte Grass über die Ermordung Rohwedders gesagt, wer „ein menschenverachtendes Instrument wie die Treuhand“ gründe, müsse sich nicht wundern, „wenn darauf terroristisch reagiert wird“. Breuel kommentierte: „Das ist eine unglaubliche Aussage, die eigentlich auf Herrn Grass zurückfällt und an der er selber Schaden nehmen kann.“

Zwei Bilder des französischen Malers Henri de Toulouse-Lautrec sind aus dem Museum der Schönen Künste in Buenos Aires gestohlen worden. Wie die Polizei in der argentinischen Hauptstadt am Freitag mitteilte, wurden die Bilder „Doktor Péan bei der Gesichtswäsche nach einer Operation“ und „Der Terror von Granielle“ am Donnerstag entwendet. Die Umstände der Tat waren der Polizei zunächst rätselhaft, da weder die Alarmanlage angeschlagen hatte, noch eine Eingangstür oder ein Fenster beschädigt wurden. Die beiden gestohlenen Gemälde stammen aus dem Jahre 1891 und waren dem Museum 1975 übergeben worden. Toulouse-Lautrec wurde 1864 in der südfranzösischen Stadt Albi geboren. Er entstammte dem Geschlecht der Grafen von Toulouse. Dem zeitgleich erscheinenden Impressionismus abgeneigt, entwickelte der durch einen Reitunfall verkrüppelte Künstler einen eigenen farbig plakativen Stil. Sein berühmtestes Bild ist das Plakat für das „Moulin Rouge“.

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