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Asylgrund sexuelle Verfolgung: Im Prinzip ja

■ Zwei beschnittene Afrikanerinnen suchen US-Asyl – die Richter sind uneins

Washington (wps/taz) – Die beiden Frauen aus Sierra Leone in Westafrika erlitten dasselbe Schicksal: Beide wurden von den Mitgliedern eines Geheimbundes in den Busch entführt und einem schmerzhaften Beschneidungsritual unterworfen. Beide mußten schwören, nichts zu verraten. Und beide reisten aus ihrem von Bürgerkrieg geschüttelten Heimatland in die USA und erbaten Asyl.

Die eine Frau erhielt in Arlington im Bundesstaat Virginia das Asylrecht zugesprochen – sie habe, so der Richter, „eine schreckliche Form der Verfolgung“ durchlitten. Der anderen wurde Asyl verweigert; die Beschneidung, so erklärte der Richter in Baltimore der Frau, sei wichtig für den Zusammenhalt ihres Stammes, und sie habe die Wahl gehabt, ob sie das Ritual gutheiße. Das Urteil von Arlington wurde von Frauenrechtlerinnen begrüßt: Es tue „genau das, was die Richtlinien der Einwanderungsbehörden fordern, nämlich anzuerkennen, daß Frauen an geschlechtsspezifischen Formen der Verfolgung leiden können“, sagte Regan Ralph von der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“. Die US-Einwanderungsbehörde INS jedoch hat gegen das Urteil Berufung eingelegt: Die Frau habe in ihrem Asylantrag nichts von Beschneidung gesagt und sei daher unglaubwürdig.

Die USA und Kanada sind derzeit die einzigen Länder der Welt, in denen Frauenmißhandlung als Asylgrund gilt. Aber was genau unter diesen Begriff fällt, ist offen. Die rituelle Beschneidung, also die Entfernung kleinerer oder größerer Teile der weiblichen Geschlechtsorgane, gilt traditionell in Afrika als Mittel der Reinhaltung und ist noch heute weitverbreitet, aber Ärzte kritisieren sie als lebensbedrohlich und Feministinnen als Verstümmelung und Mißachtung des Selbstbestimmungsrechts. Das US-Außenministerium hat die Beschneidung in seinem Jahresbericht über Menschenrechtsverletzungen in aller Welt erwähnt. Aber nach INS-Darstellung soll die Aufnahme des Begriffs der „Frauenmißhandlung“ in den Katalog von Asylgründen nicht etwa Frauen ermutigen, Asyl zu beantragen, sondern lediglich die Einwanderungsbeamten sensibilisieren. „Es gibt keine Formel“, sagt INS-Asyldirektorin Rosemary Melville. „Eine Frau muß immer noch beweisen, daß sie eine begründete Angst vor Verfolgung kraft ihrer Gruppenzugehörigkeit hat.“ Es reiche nicht aus, einfach „persönliche Probleme“ zu haben.

Bislang haben US-Richter wenig Erfahrung mit derartigen Entscheidungen. Im US-Bundesstaat Oregon wurde einer Nigerianerin letztes Jahr das Recht zugesprochen, ihre Kinder in den USA zu behalten, anstatt sie – wie von der Familie gewünscht – zur Beschneidung nach Nigeria zu schicken; aber ihrem Antrag auf Asyl wegen möglicher Racheakte wurde nicht stattgegeben. Für die beiden Frauen gibt es jetzt vier Möglichkeiten: Doch noch Asyl; ein humanitär begründetes Aufenthaltsrecht; die Aufforderung, das Land zu verlassen – oder die Deportation. D.J.

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