: Durchhänger Glienicker Brücke
■ Der Havelausbau bedroht Glienicker Brücke: Sie ist für Europaschiffe zu niedrig / Anheben, abreißen oder neu bauen? / Auch der Babelsberger Park ist betroffen
Die sowjetischen Truppen sprengten die Brücke in Glienicke im April 1945. Ende der 40er Jahre wurde sie wiederaufgebaut und „Brücke der Einheit“ genannt. In der Zeit des Kalten Krieges geriet sie an der Nahtstelle zwischen West und Ost mehrmals durch den Austausch von Agenten in die Schlagzeilen. Nun droht der Glienicker Brücke und der sie umgebenden Potsdamer Kulturlandschaft – von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt – ein massiver Eingriff.
Das geschützte Denkmal soll im Rahmen des umfassenden Ausbaus der Havel, eines umstrittenen Vier-Milliarden-Projekts, entweder durch einen Neubau ersetzt oder angehoben werden. „Das wird die wohl schwierigste Einigung zwischen kultur- und wirtschaftspolitischen Interessen“, meint Kulturminister Steffen Reiche (SPD), zugleich Brandenburgs oberster Denkmalschützer. Die Brücke ist in seinen Augen ein „nationales Symbol“, mit dem nicht einfach „Fahrstuhl gespielt werden kann“. Er befüchtet, daß Potsdam der Unesco-Schutzstatus aberkannt werden könnte. Unter der Last der politischen Interessen seiner Genossen ist der SPD-Landeschef auf Kompromißsuche.
Damit die bis zu 185 Meter langen Europaschiffe mit einer Ladung von bis zu 1.500 Tonnen den Osthafen in Berlin erreichen, muß nach Auffassung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost eine Durchfahrthöhe von 5,25 Metern erreicht werden. Derzeit hat die Brücke eine Höhe von 4,30 Metern. Mit einer massiven Anhebung werde jedoch der Blick auf die Uferkolonnaden und das gesamte Landschaftsensemble zerstört, meint Detlef Karg, Chef der Brandenburger Denkmalbehörde.
Für ihn ist die zentrale Frage: „Ist das Europamaß der Schiffe überhaupt für die Zukunft maßgeblich? Rechtfertigt dies den einmaligen Fall der Zerstörung einer in Jahrhunderten gewachsenen Kulturlandschaft?“ Denn neben der Brücke sei auch der Babelsberger Park bedroht, von dem 30 bis 40 Meter abgebaggert werden müßten, betont Karg. Vor dem historischen Ensemble sollen tiefe, mit roten Kappen versehene Poller ins Wasser gerammt werden: „Parkplatz“ für meterhohe Schiffe, die in einem Ampelbetrieb auf die einspurige Durchfahrt zum Teltowkanal warten.
Brandenburgs Verkehrsminister Hartmut Meyer (SPD) sieht die Probleme als behebbar an. Mit technischen Tricks brauche die Brücke nur um 35 Zentimeter angehoben zu werden, durch Funkverkehr zwischen den Schiffen werde eine Wartestelle vermieden. „Die Neubauten am Glienicker Horn waren die größere Sünde.“ Nach dem Bau von mehrstöckigen Häusern direkt am Denkmalsgebiet hatte damals die Unesco mit der Aberkennung des Status gedroht. Dorothee Stacke, dpa
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