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SPD beerdigt ihr Einwanderungsgesetz

Der Parteivorstand erklärt die bisherige Zielstellung für undurchdacht und setzt im Gegenzug auf eine verstärkte Integrationspolitik. Den Bruch soll der kommende Parteitag absegnen  ■ Aus Bonn Hans Monath

Die SPD will ihre Forderung nach einem Einwanderungsgesetz fallenlassen. Der Parteivorstand beriet am Montag einen Leitantrag an den Parteitag im November. Darin fordert er statt eines Einwanderungsgesetzes stärkere Bemühungen zur Integration von Zuwanderern und Änderungen des Ausländer- und Staatsbürgerrechts sowie der Abschiebepraxis.

Noch im Bundestagswahlprogramm 1994 hatte die SPD angekündigt, ein Einwanderungsgesetz zu schaffen. Der Verzicht darauf wird in den „Leitlinien für eine moderne Integrationspolitik“ mit dem Argument begründet, die bisherigen Vorschläge seien „nicht ausreichend auf ihre Wirkung durchdacht, um auf sie eine neue gesetzliche Regelung, also ein Einwanderungsgesetz zu gründen“.

Die SPD bekennt sich grundsätzlich dazu, daß die Bundesrepublik seit 40 Jahren ein Einwanderungsland ist. Die Begründung verwirft die Hauptargumente für ein Einwanderungsgesetz und setzt sich mit den nach Ansicht der Autoren teilweise widersprüchlichen Erwartungen an eine solche Regelung auseinander. Die SPD- Rechtspolitiker kommen zu dem Ergebnis, die deutsche Gesellschaft lasse sich mit Hilfe eines solchen Gesetzes nicht verjüngen, Hoffnungen auf „Entlastung bei Zuwanderung von Asylbewerbern“ würden nicht erfüllt, für den Zuzug von mehreren hunderttausend Arbeitskräften gebe es keinen Konsens. Auch die bestehende Regelung für unterschiedliche Zuwanderergruppen könnten damit nicht abgelöst werden.

Für dringend erforderlich hält der SPD-Vorstand den „Schutz von Asylbewerbern vor unzulässiger Kettenabschiebung im Rahmen der Drittstaatenregelung“. Die Flughafen- und Abschiebehaftregelung soll „an die Gebote der Rechtsstaatlichkeit und des menschlichen Umgangs mit Asylbewerbern“ angepaßt werden.

In der SPD wird nun eine Auseinandersetzung darüber erwartet, ob der Verzicht auf das Gesetz ein Zurückweichen vor unpopulären Aufgaben oder einen Realitätsgewinn bedeutet. Die hohen Erwartungen an eine solche Regelung waren wegen Bedenken gegen seine Umsetzbarkeit schon länger auch von solchen SPD-Politikern skeptisch beurteilt worden, die sich gegen die Asylrechtsänderung gewandt hatten.

Bündnis 90/Die Grünen hielten der SPD gestern vor, erst die Unmenschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen habe sie zum Umdenken bewegt. Ungeachtet aller Mahnungen habe die SPD in ihrem Wahlprogramm die „geordnete Zuwanderung“ befürwortet, kritisierten Kambiz Behbahani und Jürgen Trittin vom Parteivorstand. Zu spät erkenne die SPD, daß sie mit ihrer Zustimmung zum Asylkompromiß selbst die „Folterinstrumente“ für „Kanthers Brutalität gegenüber Flüchtlingen“ zur Verfügung gestellt habe.

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