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Knöterich

■ Fanny Müller:

Mietshäuser sind ja auch so ein Problem. Wenn ich beispielsweise auf dem Topf sitze und in der Etage über mir wird die Toilettenspülung gezogen, dann habe ich den Eindruck, daß die UNO gerade das Schanzenviertel befreit. Oder nehmen wir mal Ilona und Sven von unten, die einen Knöterich gepflanzt haben. Der hat meinen Küchenbalkon total überwuchert, ist durch die Küchenklappe und dann hinter den Schrank gekrochen. Hoffentlich stellt er da nichts an. Abschneiden darf ich ihn nicht, sonst bin ich wieder die Pflanzenschänderin, wie letztes Jahr. Im Treppenhaus haben sie damals einen Zettel aufgehängt, daß ich das Leben nicht achte und mich noch mal wundern würde. Dabei hatte ich bloß mal wieder wissen wollen, wie die Welt da draußen hinter dem Knöterich aussieht. Sven macht eine Croupier-Ausbildung in Hittfeld, und Ilona arbeitet im Fingernagel-Studio. Das nenne ich beides keine hochgradig ökologischen Berufe. Sie behaupteten aber auf dem Zettel, sie hätten eine Beziehung zu dem Knöterich aufgebaut. Da muß ich mich aber doch wundern, obwohl man das in einer Welt, in der Fleisch Mord und Käse Folter ist, nicht tun sollte. Vor allem sollte man aber über nichts diskutieren, sonst kann man womöglich doch noch sein blaues Wunder erleben. Ich schnippel jetzt immer nachts beim Schein meiner Taschenlampe kleine Knöterichbeinchen und -ärmchen ab, vorsichtshalber mit Ohropax. Damit ich die Schreie nicht höre.

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