Vertrauen contra Verwaltung

■ Mehr als 40 Vormundschaften für minderjährige Flüchtlinge: Aktion des Hamburger Kinderschutzbundes erfolgreich Von Marlene Reimers

„Kaum ein jugendlicher Flüchtling verfügt in unserer Gesellschaft über private Beziehungen. Er begegnet ausschließlich Institutionen: der Ausländerbehörde, dem Sozialamt, der Polizei.“ So begründet Karoline Korring vom Hamburger Landesverband des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) die Notwendigkeit privater Vormundschaften für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge: „Sie sind ein Teil unserer Gesellschaft und haben ein Recht darauf, als Individuen angenommen und unterstützt zu werden.“

In Hamburg leben offiziell derzeit 2 100 Kinder und Jugendliche, die ohne Eltern, Verwandte oder sonstige Bezugspersonen vor Verfolgung, Krieg und Hunger aus ihren Heimatländern geflohen sind. Fast 1 000 von ihnen sind jünger als 16 Jahre. „Diese Zahlen sind aber nur Richtwerte“, weist Korring auf die hohe Dunkelziffer hin.

Anläßlich des heutigen Weltkindertages zog der Hamburger Kinderschutzbund gestern eine erste Bilanz seines seit Januar laufenden bundesweit einmaligen Projektes „Vormundschaften für Flüchtlingskinder“. Geschäftsführer Uwe Hinrichs ist „ausgesprochen glücklich und zufrieden“: Rund 300 HamburgerInnen hätten ihr Interesse an einer Einzelvormundschaft bekundet; 41 Kinder, die meisten aus Türkisch-Kurdistan, Afghanistan, Sierra Leone und Togo, konnten vermittelt werden.

Kommt ein jugendlicher Flüchtling nach Deutschland, bestellt das Vormundschaftsgericht einen Amtsvormund zu seiner rechtlichen Vertretung im Asylverfahren, beim Sozialamt oder der Ausländerbehörde. Die Mitarbeiter des Amtes für Soziale Dienste müssen jedoch bis zu 120 Vormundschaften gleichzeitig ausüben; individuelle Betreuung kommt da zu kurz: „Die kennen ihre Mündel teilweise überhaupt nicht“, beklagt eine Hamburger Rechtsanwältin die gängige Praxis.

Zwar gebe es sehr engagierte AmtsvormünderInnen, aber es komme auch vor, daß in den Amtsstuben Bescheide über abgelehnte Asylanträge einfach liegenblieben und Rechtsmittelfristen versäumt würden. Auch Ausländerbehörde und Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gehen nicht gerade sanft mit den Jugendlichen um: Mißverständnisse aufgrund von Sprachschwierigkeiten werden häufig als „Lügen“ gegen die jungen AntragstellerInnen verwendet.

„Mit der Vorbereitung und beratenden Begleitung von Privatvormundschaften wollen wir den Kindern Vertrauenspersonen zur Seite stellen“, erläutert Karoline Korring. JedeR Erwachsene „in sicheren Lebensverhältnissen“ kann eine solche Vormundschaft übernehmen.

DKSB, Eppendorfer Weg 7, 20259 Hamburg,