"So tot wie die Cheopspyramide"

■ Im Lichtenberger Büroturm "Pyramide" verlieren sich die wenigen Mieter. Die Kölner Fundus-Gruppe hat mit ihren Berliner Projekten Probleme. Anleger sind verunsichert und halten sich zurück

Der Büroturm ist groß, protzig und – leer. Im hohen Foyer mit dem edlen Granitfußboden und den schwarz verkleideten Säulen wacht einsam ein Pförtner hinter einer geschwungenen Rezeption, raucht Zigaretten und zählt die Stunden. Kein Yuppie durchschreitet geschäftig mit Handy die Halle. Keine Heerscharen von Angestellten durcheilen das Atrium. Im Fahrstuhl sind die Firmenschilder neben den Knöpfen leer. Nur im siebzehnten Stock logiert eine Anlageberatungsfirma. In den langen Gängen mit grauen Teppichböden reiht sich Tür an Tür, die meisten stehen offen und geben den Blick in kahle Räume frei.

Entpuppt sich das noch im Januar 1995 als neues Wahrzeichen Marzahns gefeierte 100 Meter hohe Bürohochhaus „Pyramide“ an der Landsberger Allee als Millionen-Flop? „Hier drin ist es so tot wie in der Cheopspyramide, nur sind hier weniger Touristen“, beschreibt ein Finanzberater die Atmosphäre. Denn der Hochhausturm mit seiner schräg aufsteigenden Glasfassade gleiche nicht nur nachts einem regelrechten Geisterhaus. Seit der Eröffnung wartet der Investor, die Kölner Fundus- Gruppe, vor Ort auf Mieter. Nur rund 30 Prozent der 43.000 Quadratmeter Bürofläche seien belegt, bestätigt der Geschäftsleiter von Bredero Properties, Uwe Winkler. Im angrenzenden niedrigen Gebäudetrakt befinden sich ein Fitneßstudio und einige Büros von Steuer-, Finanz- und Bauberatern. Aber auch hier verläuft die Vermietung schleppend.

Der Leerstand in der „Pyramide“ ist kein Wunder, gibt es doch Büroräume in besserer, zentrumsnaher Lage, die zugleich günstiger sind als das Pyramiden-Angebot für 32 Mark pro Quadratmeter. Hinzu kommt, daß der Büroturm nicht besonders originell, sondern für Mieter von der Stange gebaut worden ist, die in jeden Bürocontainer passen.

Auch das Umfeld sowie der zugige Platz vor der gläsernen Fassade, die mit blauen Lichtbändern die Uhrzeit anzeigt, ist wenig anheimelnd. Derzeit ist das Haus praktisch unvermietbar, urteilten Experten der Branche, Eine „neue Vermietungsstrategie mit besseren Konditionen“, wie sie Fundus- Pressechef Bernd Overmaat ankündigt, fruchte wenig. Denn die Preiseinbrüche durch das Überangebot an Gewerbeflächen würden noch zunehmen. Der Grundstücksauktionär Peter Plettner sieht die Büroimmobilien „im tiefen, schwarzen Loch“, und prophezeit den Fonds-Anlegern eine lange Durststrecke, bis ihr Geld – wenn überhaupt – zurückfließt.

Nicht nur die „Pyramide“ ist für die stark in Berlin engagierte Fundus-Gruppe ein schwer auf die Bilanzen drückender Ladenhüter. Während Fundus-Chef Anno August Jagdfeld noch 1993 „keine Vermietungsprobleme bei Büroflächen“ sah, muß er heute um seine Projekte bangen. So ist die Eröffnung des Fundus-Blocks in der Friedrichstraße von Ende Juli 1995 auf das Frühjahr 1996 verschoben worden, weil kaum Interessenten für den Büro- und Geschäftsblock aufzutreiben sind.

Ob die Anleger, die bei Fundus in geschlossene Fonds ihr Geld investierten, noch mittelfristig eine Rendite sehen, ist bei den anderen Bürokästen, dem „Spreebogen Plaza“ und dem „Frankfurter Allee Plaza“ ebenfalls fragwürdig. Auch dort sind die Räume größtenteils noch nicht vermietet. Es ist in der Immobilienbranche zudem ein offenes Geheimnis, daß Bauprojekte wie das 425 Millionen Mark teure Hotel Adlon am Pariser Platz und das Kunsthaus Tacheles große Schwierigkeiten bereiten. Zuwenig Anleger sind bereit, den Fonds-Topf aufzufüllen. Die Geldgeber sind verunsichert und scheuen das Risiko, ins „Jammertal Berliner Immobilienmarkt“ zu investieren, urteilt der Makler Horst Schlüter.

„Wir hoffen, im Jahresendgeschäft mit einer neuen Strategie unsere Investmentfonds besser am Kapitalmarkt zu plazieren“, verklausulierte Bernd Overmaat die Probleme der Kölner Immobilien- Gruppe Fundus, private Investoren für den Neubau des Traditionshotel „Adlon“ am Pariser Platz zu finden. Im Juli waren erst 30 Prozent der Anteile von Investoren gezeichnet.

Heute, zwei Monate später, wiederholt Overmaat den Satz: „Die Plazierung der Anteile auf dem Kapitalmarkt ist das Problem unseres Unternehmens, aber die Finanzierung des Adlon ist gesichert.“ In drei Wochen werde das Unternehmen an die Öffentlichkeit gehen und über die Entwicklung des Adlon-Projektes und weiterer Investitionen des Unternehmens in Berlin informieren.

Die Lage auf dem Immobilienmarkt sei eben stark von der sozialen Entwicklung der Stadt abhängig, kann auch Petra Reets, Pressesprecherin in der Bauverwaltung, den Investoren wenig Hoffnung machen. Und „da gibt es bis jetzt zu wenige, die sich teure Wohnungen zulegen“ und teuer einkauften. „Berlin ist die etwas andere Stadt, einfach unberechenbar.“ Außerdem gebe es sonst keine Metropole, die mehrere Zentren gleichzeitig neu errichtet, ein neues Verkehrskonzept erarbeitet und gleichzeitig Regierungssitz wird. „Wer langfristige Investitionen geplant hat, der wird sicher auf seine Kosten kommen“, spricht Reets der Immobilienbranche Mut zu.

Es sei unverantwortlich, nicht die Grenzen der Stadtentwicklung bei Bürozentren sowie Geschäftshausimplantaten wahrzunehmen und umzusteuern, sondern auf das Prinzip Hoffnung zu setzen, kritisieren Stadtplaner dagegen die Politiker. Fundus-Chef Anno August Jagdfeld tat kürzlich im Zweiten Deutschen Fernsehen kund, es sei für ihn kein Problem, die Friedrichstadtpassagen einfach leerstehen zu lassen. Mag sein. Für Berlin ist eine entvölkerte Stadtmitte dagegen schon ein Problem. Adrian Prechtel/Ole Schulz