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Vorsicht Ausländer

■ PUA Polizeiskandal: Beamter gibt Rassismus auf dem Revier an der Kirchenallee zu / CDU pfeift Karpen zurück Von Silke Mertins

„Bei Kontrolle von Farbigen und ausländischen Mitbürgern unbedingt auf Eigensicherung achten. Diese Personen tragen häufig Messer oder ähnliches bei sich und scheuen sich vor deren Gebrauch nicht.“ So stand es in der Polizeibroschüre „Einsatzhelfer“, die auf der Revierwache 11 in der Kirchenallee am Hauptbahnhof auslag. Und der leitende Polizeibeamte Christoph St., der am späten Dienstag abend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) Polizeiskandal vernommen wurde, findet überhaupt nichts dabei, alle AusländerInnen als gemeingefährliche Kriminelle zu klassifizieren. Ob ihm an den Formulierungen denn gar nichts auffalle, wollte der GALier und „kritische Polizist“ Manfred Mahr wissen. Wieso, wunderte sich Christoph St., das entspreche doch den Tatsachen.

Angesichts solch unverblümt zur Schau gestellten Geisteshaltungen zeigten sich die Mitglieder des PUA quer durch die Fraktionen, von GAL bis CDU, ziemlich irritiert. Nicht nur wurden im „Einsatzhelfer“ Nichtdeutsche pauschal kriminalisiert, sondern darüber hinaus in die beiden Kategorien „Farbige“ und „ausländische Mitbürger“ eingeteilt. „Das bedeutet wohl, daß ,Farbige' nicht mal als ,Mitbürger' angesehen werden“, schloß Mahr daraus.

Leiter der Polizeidirektion 121 – zuständig für Einsätze – war damals der heutige Polizeipressesprecher Werner Jantosch, der sich gegen rassistische Tendenzen in der Polizei immer vehement verwahrt hat. Offenbar ist auch ihm nicht aufgefallen, welche Verhaltensmaßregeln den diensthabenden Polizisten mit auf den Weg gegeben werden.

Christoph St. räumte bei seiner Vernehmung vor dem PUA immerhin ein, daß in der Wache Kirchenallee eine illegale „Negerkartei“ geführt worden sei. Diese wäre aber schon vor geraumer Zeit vernichtet worden. Auch Übergriffe auf Schwarze habe es, so St., schon mal gegeben. In „ungefähr“ zehn Fällen seien festgenommene Farbige nach Verhören auf der Wache nachts an den Stadtrand gefahren und dort ausgesetzt worden; vorzugsweise in der Nähe des Containerdorfs für Asylbewerber in Moorburg.

Von körperlichen Mißhandlungen oder gar Scheinhinrichtungen (taz berichtete mehrfach), die mehrere Zeugen in polizeiinternen Vermerken zu Protokoll gegeben hatten, habe er jedoch keinerlei Kenntnis.

Der PUA-interne Konflikt um den GALier Manfred Mahr scheint hingegen vorerst beigelegt zu sein. Nachdem die Grünen mit rechtlichen Konsequenzen gedroht hatte, gibt die CDU sich jetzt kleinlaut. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) Polizei, Ulrich Karpen (CDU), hatte Mahr vorgeworfen, „unerlaubt“ vertrauliche Informationen weitergegeben zu haben und den PUA zu „mißbrauchen“.

Aber solch harsche Worte waren eigentlich ganz lieb gemeint, ist einem Antwortschreiben des CDU-Fraktionschefs Ole von Beust vom Montag an GAL-Fraktionsboß Willfried Maier zu entnehmen. Karpen sei es „nicht um eine rechtliche Bewertung gegangen“, sondern lediglich um „eine politische Bewertung des Stils von Herrn Mahr“. Er hoffe, so von Beust, daß der Ausschuß nunmehr „zu einer sachgerechten Arbeit zurückkehren“ könne.

Gibt ja offensichtlich auch noch einiges zu tun.

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