■ Linsen Soufflé
: Von Kleiderständern und Triefaugen

Erinnert sich noch jemand an Tom Cruise? Ja? Nun, die Hoch- und Durchrechner des Forbes Wirtschaftsmagazins tun es nicht. Auf ihrer Liste der bestverdienenden Entertainer steht wieder einmal Steven Spielberg mit einem geschätzten Einkommen (für 1994 und 95) von 285 Millionen Dollar an der Spitze. 14 der 40 aufgelisteten Volksunterhalter kommen aus der Musikbranche. Der best- das heißt überbezahlte Schauspieler ist Sylvester Stallone. Er belegt den 10. Platz (59 Millionen), dichtauf folgt Tom Hanks (52 Millionen), der sich von Rang 39 nach vorne gedrängelt hat. Das dürfte auch Jim Carrey versuchen, der derzeit noch auf Rang 20 (39 Millionen) steht. Weitere Filmschaffende auf der Goldliste: Harrison Ford, Robert Zemeckis, Bruce Willis, Arnie Schwarzenegger, Clint Eastwood, Michael Douglas, Robin Williams, Kevin Costner und Alibifrau Demi Moore.

In diesem Jahr nicht mehr dabei: Tom Cruise. Das ist eigentlich nicht besonders traurig, so läuft die Sache eben. Der Typ des aalglatten Armani-Kleiderständers ist eine bedrohte Spezies geworden, verdrängt von etwas angeschmuddelter Grunge-Coolness eines Brad Pitt. Doch keine Sorge, auch das kann sich blitzschnell wieder ändern. Tom Cruise führt derweil einen verzweifelten Überlebenskampf und ist auf der Suche nach einem Projekt, das sein Image wieder ein bißchen aufmöbelt.

Starkes Interesse hat er an „An Eye for an Eye“ angemeldet. Dabei handelt es sich um eine, angeblich auf Tatsachen beruhende, Actionangelegenheit: Die Geschichte einer Antiterrorismus- Einheit.

Sollte Cruise die Stelle bekommen, wird das mit den Tatsachen allerdings ein bißchen schwierig. Der Absteiger besteht nämlich darauf, daß ihm sein Part extra auf den Leib geschrieben wird. Ein Strahlemann als Terroristen- Killer? Kommt nicht so gut, wo doch gerade Liebesschnulzen und Familienfilme ganz hoch im Kurs stehen.

Die meisten Hollywood- Mimen haben das kapiert. So wird Michelle Pfeiffer in einer sogenannten Romantikkomödie namens „One Fine Day“ die Hauptrolle spielen und damit in Sandra Bullocks Revier wildern. Die Geschichte ist Schmalz pur: Ein geschiedener Mann mit einem fünfjährigen Kind und eine geschiedene Frau mit einem fünfjährigen Kind helfen sich gegenseitig. Spätere Heirat nicht ausgeschlossen.

Ebenfalls eine sichere Bank sind Adaptionen von John Grisham-Bestsellern. Seine letzter, „Die Kammer“, ist zwar eine ziemlich öde und langatmige Spinnerei, trotzdem, die Verfilmung war zwingend. Also wird uns nun Gene Hackman den zum Tode verurteilten Rassisten machen, den sein Enkel (Chris O'Donnell) vor der Gaskammer retten will.

So weit, so mies. Aber was macht nun eigentlich Sly Stallone, um seine Überbezahlung zu rechtfertigen? Ganz einfach: Er macht sich lächerlich. Oder kann sich jemand Triefauge Stallone als Westernhelden vorstellen? Eben! Trotzdem will er in die Fußstapfen des legendären und einzigartigen Steve McQueen treten. Universal hat gerade die Rechte an der alten Fernsehserie „Wanted: Dead or Alive“, die bei uns unter dem Titel „Josh“ zwischen 1979 und 80 im ZDF lief, käuflich erworben. Mit der Figur des Kopfgeldjägers Josh Randall begann McQueens Stern zu steigen, sie begründete Ende der fünfziger Jahre seinen Weltruhm. Stallone kann nur abstürzen. Karl Wegmann