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Lärm von der „Rollenden Raststätte“

■ Die Verladung von Pkw auf den Autoreisezug am Bahnhof Grunewald bringt Bürger um den Schlaf. Einstweilige Verfügung gegen Verladung gescheitert

Beate Stegen schläft nachts nur zwei bis drei Stunden. Doch das liegt nicht daran, daß sie mit wenig Schlaf auskommt. Vielmehr liegt es an den Autos, die in der Dunkelheit in unmittelbarer Nähe zu ihrem Haus mit Getöse auf den Autoreisezug der Deutschen Bahn AG gen Hannover verladen werden: einmal kurz vor Mitternacht und dann ab fünf Uhr morgens. „Ich bin fix und fertig“, so die 29jährige Studentin.

Was den Autofahrern Komfort bringen und Staus auf der stark befahrenen A 2 ersparen soll, zehrt an den Nerven der Anwohner, die parallel zur Verladerampe am S-Bahnhof Grunewald wohnen. Ihre Beschwerden und Unterschriftenlisten waren bisher erfolglos geblieben.

Gestern nun scheiterte Beate Stegen mit einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht. Mit einer einstweiligen Verfügung wollte sie eine Einstellung des nächtlichen Verladebetriebs erwirken. Nach einer Diskussion des Gerichts darüber, welche Behörde und welches Gericht gegebenenfalls darüber zu entscheiden hätten, kam das Verwaltungsgericht zu dem Schluß, daß das Eisenbahn-Bundesamt „der falsche Adressat“ sei, so Anwalt Klaus Höpken. Weil die Deutsche Bahn AG eine Aktiengesellschaft ist, müsse das Landgericht entscheiden.

Die Deutsche Bahn AG indes gibt sich alle Mühe, den Lärmpegel und die Geruchsbelästigung durch Diesel zu vermindern. Bereits seit September seien umgebaute Autotransportwagen im Probebetrieb, so eine Pressesprecherin, die die „Knalleffekte“ beim Verladen verhindern sollen. Weiterhin sei die Aufstellung eines „Elektranten“ geplant, um den unangenehmen Dieselgeruch aus der Welt zu schaffen.

Der Autoreisezug wurde im April von der Deutschen Bahn AG in Zusammenarbeit mit dem ADAC Berlin-Brandenburg gegründet. Von April bis August wurden 16.000 Autos und 42.000 Fahrgäste mit der „Rollenden Raststätte“ befördert.

Es ist nicht das erste Mal, daß das ehemalige Güterbahngelände Grunewald, auf dem die Verladerampe steht, für Aufsehen sorgt. Vor zwei Jahren wollte die Deutsche Bundesbahn dort eine Reinigungshalle für ICE-Hochgeschwindigkeitszüge errichten. Ein Plan, der vom Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und dem Vorsitzenden der Berliner Jüdischen Gemeinde, Jerzy Kanal, stark kritisiert worden war. Denn von den Rampen auf dem Gelände rollten ab dem 18. Oktober 1941 Deportationszüge mit Berliner Juden in die Vernichtungslager des Ostens. Nach einem Vororttermin war damals entschieden worden, daß der Ort der Öffentlichkeit „uneingeschränkt“ zugänglich gemacht wird.

Die Pressestelle der Deutschen Bahn AG versicherte gegenüber der taz, daß die Autoverladerampe „nicht direkt“ an dieser Stelle stehe. Barbara Bollwahn

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